Andacht Heute

Der Drang zur Selbstvergötzung

Denn obwohl sie schon immer von Gott wussten, verweigerten sie ihm die Ehre und den Dank, die ihm gebühren. Stattdessen kreisten ihre Gedanken um Belangloses, und da sie so unverständig blieben, wurde es schließlich in ihren Herzen finster.
Römer 1,21

In Römer 1 schildert Paulus sehr eindringlich, wie der damalige Götzendienst ausgesehen hat. In der antiken Welt war es üblich, Götzen aus Holz, Stein oder Metall zu verehren. Paulus erwähnt, dass diese Verehrung oft mit sexueller Unmoral verbunden war. Dieser Götzendienst war auch sozial und moralisch destruktiv. Er führt dazu, dass die Gedanken der Menschen sich nur um Dinge drehen, die keinen bleibenden Wert haben, also um das „Nichtige“ und „Belanglose“. Dazu sind heute deutliche Parallelen erkennbar. In den sozialen Medien geht es oft darum, ein perfektes Bild von sich selbst zu inszenieren: Schönheit, Erfolg, Lifestyle. Das eigene „Ich“ wird zum Zentrum der Aufmerksamkeit und zur Quelle von Anerkennung. So erleben wir eine Form moderner Selbstvergötzung. Hier wird das Geschöpf statt des Schöpfers angebetet.

Wir können uns selbst prüfen: Bin ich mehr darauf bedacht, wie ich vor Menschen wirke, als wie ich vor Gott dastehe? Lebe ich aus Dankbarkeit und Demut oder mehr aus dem Wunsch heraus, gesehen und bewundert zu werden? Paulus ruft uns dazu auf, Gott die Ehre zu geben und ihm zu dienen. Das bedeutet, unsere Identität nicht in der Selbstdarstellung, sondern in der lebendigen Beziehung zu unserem Schöpfer zu suchen.

Was ist „Schamkultur“?

Zu dieser Botschaft bekenne ich mich offen und ohne mich zu schämen, denn das Evangelium ist die Kraft Gottes, die jedem, der glaubt, Rettung bringt.
Römer 1,16

Diese Aussage des Paulus steht im Gegensatz zur „Schamkultur des Römischen Reiches”. Ich kannte diesen Ausdruck nicht und habe mich kundig gemacht. Demnach war die persönliche und familiäre Ehre im Römischen Reich ein hohes Gut. Wer gegen gesellschaftliche Normen verstieß, riskierte nicht nur Kritik, sondern auch soziale Ausgrenzung oder politische Nachteile. Das Evangelium galt im römischen Denken als Torheit und Schwäche. Paulus stellte sich mutig gegen diese kulturelle Logik und bekannte sich zu einer neuen Form von Ehre, die von Gott kommt.

Heute erleben wir ein Wiedererstarken dieser Schamkultur durch die digitale Öffentlichkeit. Da gibt es Likes und Shitstorms. Die Online-Reputation beeinflusst das Verhalten stärker als das Gewissen. Das führt dazu, dass man sich stark an der Meinung anderer orientiert. Konflikte werden oft vermieden, um das Gesicht zu wahren. Fehler werden nicht offen zugegeben, sondern verdeckt oder relativiert.

Notwendig wäre heute eine Besinnung auf christliche Werte wie Reue und Wiedergutmachung. Anstatt sich dem vorherrschenden moralischen Relativismus zu fügen oder sich allein um das eigene Image zu kümmern, sollte wieder mehr Offenheit für Selbstkritik und persönliche Verantwortung gepflegt werden. Die Kraft Gottes wird uns dabei helfen, im Sinne des Evangeliums zu handeln.

Feindesliebe und Selbstschutz

Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.
Matthäus 5,44-45

Wir alle kennen diesen Aufruf zur Feindesliebe aus der Bergpredigt. In unzähligen Kanzelreden wird er herangezogen, um uns zu Toleranz und Nächstenliebe zu erziehen. Nur selten wird dabei ausgesprochen, dass es eine Diskrepanz zwischen idealistischen Vorstellungen und der brutalen Realität geben könnte. Doch wie weit reicht unsere Feindesliebe, wenn unsere Werte bedroht sind?

Aus der sicheren Distanz heraus kann man leicht davon reden, man solle auch „die andere Wange hinhalten”. Was aber, wenn unsere christlichen Kirchen zunehmend zum Angriffsziel von Fanatikern einer anderen Religion werden? Wenn durch gezielten Vandalismus Altäre zerstört, Gebetsbücher beschädigt und Weihwasserbecken mit Exkrementen verunreinigt werden? Müssen wir das alles schweigend erdulden? Natürlich nicht. Wir dürfen und müssen uns selbst und unsere Werte schützen. Solche Straftaten dürfen nicht länger beschönigt werden. Es handelt sich nicht immer nur um „Einzelfälle” oder „psychische Ausnahmezustände”. Es reicht auch nicht aus, wenn die EKD und die katholische Bischofskonferenz die Zunahme von Vandalismus beklagen, aber die Herkunft und den religiösen Hintergrund der Täter nicht klar benennen. Selbstverständlich sollen wir Hass nicht mit Hass beantworten. Aber Wegschauen ist auch eine Form der Lieblosigkeit.