Andacht Heute

Gegen die Routine

Im Eifer lasst nicht nach, seid brennend im Geist, dient dem Herrn!
Römer 12, 11

Wie unsere Nächsten- und Bruderliebe aussehen soll, das sagt Paulus hier in aller Kürze. Er fordert uns auf, will uns wecken und aufrütteln, damit wir den nötigen Eifer an den Tag legen. Ich bin sicher, dass das bei vielen Christen nötig ist. Sie hören die Sonntagspredigt, sie beten und singen, sie nehmen auch unter der Woche die Bibel zur Hand. Man tut, was von einem verlangt wird, so gut man kann, und hat sich in der Routine des christlichen Lebens eingerichtet. Die Ermahnungen hat man schon oft gehört und gelesen, aber gehen sie dem Einzelnen wirklich noch nahe?

Aus dem „Man“ soll ein „Ich“ werden, das gilt heute für den Schreibenden und auch für den Lesenden. Bin ich nicht auch schon zu einem Gewohnheitschristen geworden? Tue ich nicht nur mit bei allem, weil es „so der Brauch geworden ist“, wie man es im Bayrischen zu sagen pflegt? Kann der HERR zufrieden sein mit meinem Dienst? Bin ich wirklich immer „brennend im Geist“, wie uns Paulus auffordert? Diese Fragen will ich mir heute öfter stellen. Es geht hier eher nicht darum, noch mehr zu tun, also noch mehr zu lesen und noch mehr zu hören, was es an christlicher Erbauung gibt. Ich glaube, geht es dem Apostel um die Intensität, wie ich das tue. So ein Satz wie den heutigen darf ich nicht teilnahmslos abschütteln, sondern er soll mich begleiten durch den Tag. Dann werden sich auch Gelegenheiten finden, bei denen ich vom Geist Gottes durchdrungen meinem Dienst nachgehen kann.

Er antwortete und sprach: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst“.
Lukas 10,27

Ein Lehrpsalm

Du, Gott, bist mein sicherer Zufluchtsort, mein Schutz in Zeiten der Not. Wohin ich mich auch wende – deine Hilfe kommt nie zu spät. Darüber juble ich vor Freude. Du hast zu mir gesagt: »Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst. Ich will dich beraten und immer meinen Blick auf dich richten.«
Psalm 32,7-8

David überschreibt diesen Psalm mit „Unterweisung“. Er wollte den Gläubigen Hilfen an die Hand geben, die er selbst vom Heiligen Geist empfangen hatte, um Anfechtungen zu begegnen und in seinem Leben den rechten Weg zu finden. In den Versen zuvor hatte er berichtet, wie ihm seine schwere Sünde vergeben wurde, weil er sie ehrlich bekannt hatte. Erst nachdem die Schuld von ihm genommen worden war, konnte er wieder frei atmen und sich des umfassenden Schutzes Gottes erfreuen. Jetzt war er fähig, IHN dafür zu preisen. Wie froh und glücklich war er, dass er durch seinen Glauben und die empfangene Gnade seiner Zukunft so hoffnungsvoll entgegensehen konnte. Er wird sein Leben lang göttlich erzogen werden. Er wird sich die Mahnungen von oben zu Herzen nehmen. So empfiehlt er mit seinem Psalm allen, es ihm gleichzutun und nicht länger zu warten, sich für Gott zu entscheiden. Der Psalm endet mit übergroßer Freude:

Freut euch über den HERRN und jubelt laut, die ihr nach seinem Willen lebt! Ihr alle, deren Herz aufrichtig ist, singt vor Freude!
Psalm 32,11

Heilige Berge

Viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen!
Jesaja 2,3

Berge hatten für Gottesfürchtige lange Zeit die metaphorische Bedeutung heiliger Orte. Viele Kirchen und Klöster wurden auf ihnen errichtet. In Bayern gibt es die Wallfahrt zum „Heiligen Berg Andechs“. Wie man hört, ist es dort vor allem am Sonntag mit der Ruhe und Besinnlichkeit vorbei. Auch sonst kann man erleben, dass unsere Berggipfel von sehr vielen Wanderern aufgesucht werden. Sie haben selten das Ziel, dort auf dem Gipfel eine größere Nähe zu Gott zu suchen. Für die meisten ist es das Naturerlebnis oder die sportliche Herausforderung, die sie auf die Berge treibt.

Diese Abkehr von der ursprünglichen Vorstellung vom Berg als heiligem Ort ist nicht so bedauerlich, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar stellte im Alten Testament der Berg Zion vor den Toren Jerusalems ein markantes Beispiel für die Heiligkeit des Himmels dar. Aber der Apostel Paulus weist im Hebräerbrief darauf hin, dass diese irdischen Verherrlichungen durch dazu berufene Priester ihre Verehrungsfunktion verloren haben, seit Jesus Christus unter uns ist. ER ist jetzt unser Hoherpriester, ER zeigt uns den Weg zum Himmel. Dazu brauchen wir keine besonderen Orte mehr aufzusuchen. Hier und jetzt, wo wir sind, ist Jesus gegenwärtig. Wallfahrten sind nicht mehr nötig. Heiligung kann an jedem Ort geschehen (ich empfehle, die gestrige Andacht zum Thema „Heiligung“ noch einmal zu lesen). Jesus Christus führte die Menge auf einem Berg, nicht weil dort eine besonders heilige Atmosphäre herrschte, sondern weil so seine Lehre von allen Zuhörern gut gehört werden konnte. Jeder sollte von seinem Platz aus Zugang haben zum Wort. Es kommt eben auf den Inhalt der Lehre an, nicht auf all das Zinnober drumherum. So heißt es im Evangelium ganz lapidar:

Als Jesus das Volk sah, ging er auf einen Berg. Und er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie.
Matthäus 5,1-2