Andacht Heute

Postmoderne Verwirrungen

»Lasst euch durch nichts in eurem Glauben erschüttern!«, sagte Jesus zu seinen Jüngern. »Vertraut auf Gott und vertraut auf mich!
Johannes 14,1

Die Verkünder der Postmoderne haben versucht, mit ihren Ideen die Ordnung der Welt zu erschüttern, indem sie darauf hinwiesen, dass es keine Ordnung der Welt gäbe. Es wären nur unterschiedliche Formen des Begreifens zu erkennen, jede von ihnen hätte seine Berechtigung, seien es die Regentänze des Hopi-Indianers oder das Gebet eines Christen, da gäbe es keine Unterschiede. Esoteriker haben sich diese Auffassung zu Nutze gemacht. Wenn alles seine Berechtigung hat, dann ist der Mensch frei für alles und jedes. Das hat den Einzelnen als Anhänger der verschiedensten okkulten Praktiken fanatisiert, nach erfolglosen Versuchen frustriert und schließlich in einen Zustand geistiger Verwirrung versetzt.

Einer der bedeutendsten konservativen Denker, Sir Roger Scruton (1944-2020), hat in seinem Buch „Narren, Schwindler, Unruhestifter“ schonungslos mit vielen hochgelobten Vertretern der Postmoderne und linker Utopien abgerechnet. Deren oft hochtrabende Begriffswelten verwirren auch heute noch viele, die im allgemeinen Diskurs (auch so ein überaus bedeutungsvolles Schlagwort!) mitreden wollen. Ich will hier nicht sagen, dass man gleich alles kategorisch ablehnen soll, ohne sich selbst ein Bild davon gemacht zu haben, was uns da alles angeboten wird. Aber um nicht auf Irrwege des Denkens und in Glaubenskrisen zu geraten, sollten wir uns alle die Worte unseres HERRN Jesus im obigen Vers zu Herzen nehmen.

Die Not des Anderen

Glücklich zu preisen ist, wer anderen Menschen in Not zur Seite steht! Geht es ihm dann selbst einmal schlecht, wird der HERR seine Hilfe sein.
Psalm 41,2

Damit ist sicher nicht gemeint, dass wir uns aus selbstsüchtigen Gründen der Bedürftigen annehmen sollen. Das hieße, von Gott zu verlangen, dass er uns in jeder Lage beisteht, weil wir uns in der Vergangenheit Verdienste um den Nächsten erworben haben. Das wäre eine Form der Selbstgerechtigkeit, die uns nicht zusteht. Ein solches Zweckdenken ist nicht weit entfernt von dem schäbigen Kalkül eines Politikers, der sich durch Wohlverhalten die Gunst eines Mächtigen erwerben will. Der große Prediger Charles Haddon Spurgeon (1834-92) erklärt uns, was stattdessen gemeint ist: „Wer selber von Barmherzigkeit lebt, kann nicht dem Armen etliche Cents hinwerfen und seiner Wege gehen; es drängt ihn, dem Kummer der Betrübten nachzuforschen, ihre Sache zu prüfen, auf Hilfsmittel zu sinnen und selber den Bedrängten tatkräftig beizustehen.“ Es geht also um echtes Mitgefühl mit dem Notleidenden. Wir müssen uns die Mühe machen, genau hinzuschauen, was den anderen bedrängt. Das erfordert mehr, als nur ein kleines Almosen zu geben, damit man uns nichts nachsagen kann. In unserer satten Gesellschaft geht es meist auch weniger darum, Geld zu geben. Vielmehr sollten wir nicht so geizig mit unserer Zeit umgehen, die wir einem Bedürftigen schenken könnten. Spurgeon rät uns, über geeignete „Hilfsmittel zu sinnen“. Was liegt da näher, als auf die göttliche Heilsbotschaft hinzuweisen? Die Psalmen eignen sich dafür sehr gut. Sie sind oft in größter Not entstanden, sie drücken Vertrauen und Demut aus. In ihnen spricht Gott selbst zu uns und schenkt uns für jede Situation die einzig wahre Hoffnung.

Weil ich aufrichtig bin, bist du meine Stütze und mein Halt. Du stellst mich wieder auf die Füße und lässt mich nahe bei dir bleiben für immer und ewig.
Psalm 41,13

Die Überbetonung des Ich

Habt ihr denn vergessen, dass euer Körper ein Tempel des Heiligen Geistes ist? Der Geist, den Gott euch gegeben hat, wohnt in euch, und ihr gehört nicht mehr euch selbst.
1. Korinther 6,19

Auf meiner Radtour vor zwei Wochen besuchte ich in Jena das Haus des Philosophen Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), heute Romantikerhaus genannt. Er war der Hauptvertreter des sogenannten subjektiven Idealismus, also einer Theorie, die eine äußere, vom Bewusstsein unabhängigen Realität für nicht erkennbar hält. Fichte wurde verdächtigt, ein Atheist zu sein, was er energisch bestritt. Er hielt Gott keineswegs für nichtexistent, aber für unerkennbar (Agnostizismus). Die Fichtesche Ich-Philosophie birgt allerdings die Gefahr in sich, dass wir uns die Wirklichkeit nur aus unserer eigenen Sicht konstruieren.

Diese Überbetonung des eigenen Ich finden wir heute in vielen Formen, leider auch unter Christen. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Worte Gottes in der Heiligen Schrift ignoriert oder so umgedeutet werden, dass sie in das eigene, selbst konstruierte Weltbild passen? Aus der humanistischen Psychologie stammt der Begriff der Selbstverwirklichung, womit „die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit durch das Realisieren von Möglichkeiten, die in einem selbst angelegt sind“ (Duden) gemeint ist. Auch wenn dies heute vielfach propagiert wird, stellt es für einen gläubigen Christen einen fundamentalen Irrtum dar. Der Mensch ist kein völlig freies, sich selbst gestaltendes, von Natur aus gutes Individuum, sondern ein armer Sünder, für den Jesus am Kreuz das Lösegeld bezahlt hat. Keine Ich-Philosophie und keine Psychotherapie werden ihn je retten können. Gott existiert und ist für uns in dem Maße erkennbar, wie es für uns notwendig und ausreichend ist. Unser Körper und unser Geist sind uns nur geliehen, wir sollten sorgsam damit umgehen. Wir haben nichts aus uns selbst geschaffen. Wenn wir uns, um ein Beispiel zu nennen, eine teure Maschine ausleihen, müssen wir sorgsam damit umgehen. Dazu gehört auch, dass wir die Bedienungsanleitung lesen. Nur wenn wir die darin enthaltenen Anweisungen und Warnhinweise befolgen, werden wir aus der Benutzung einen Nutzen ziehen und den Verleiher nicht enttäuschen.

Gott hat euch als sein Eigentum erworben; denkt an den Preis, den er dafür gezahlt hat! Darum geht mit eurem Körper so um, dass es Gott Ehre macht!
1. Korinther 6,20