Andacht Heute

Genuss und Weisheit

Lehre uns zu bedenken, wie wenig Lebenstage uns bleiben, damit wir ein Herz voll Weisheit erlangen!
Psalm 90,12

Vom römischen Dichter Horaz stammt der Ausspruch „Carpe diem“, wörtlich übersetzt „Pflücke den Tag“. Das Wort vermittelt die Weisheit, den Tag, den Augenblick zu nutzen. Es taucht in der Dichtung des Barock (etwa zwischen 1625 und 1725) wieder auf, mit der Vanitas (Alles ist vergänglich) und dem Memento mori (Bedenke, dass du sterben musst) als zentralen Motiven. Für den heidnischen Dichter Horaz folgte aus dem Bewusstsein der Endlichkeit des Lebens in seiner Diesseitsorientierung die Konzentration auf den Genuss allein im Hier und Jetzt. Die Dichter des Barock waren noch tief im Christentum verwurzelt. Sie kannten, wie es Andreas Gryphius in seinem Sonett „Es ist alles eitel“ ausdrückt, noch die Weisheit aus dem Buch Kohelet. Der Mensch solle seine Überheblichkeit, seine Egomanie, das Wichtigste und Bedeutendste in dieser Welt zu sein, ablegen und seine Aufmerksamkeit auf das richten, „was ewig ist“, auf seine Seele und auf Gott.

Heute stellen wir fest, dass der Mensch wieder ganz heidnisch das Jenseits ausklammert und sich nur dem Genuss des Augenblicks widmet. Dieses Streben nach Lust und Sinnengenuss nennt man Hedonismus. Der heutige Vers mahnt dagegen, uns der Begrenztheit unserer Tage bewusst zu werden. Wir sollen sie nutzen, um in wahrer Herzensbildung weise zu werden. Diese Zeit ist uns von Gott geschenkt, nicht damit wir von Vergnügen zu Vergnügen eilen, sondern damit wir lernen, uns an IHM auszurichten. Damit ist nicht der Weg der Askese gemeint, die Verweigerung aller Lebensfreude und ein Leben in Selbstrechtfertigung. Auch wir dürfen genießen, aber nicht ohne Gott zu danken für das, was er uns im Diesseits und im Jenseits schenkt.

Wir sind Botschafter Gottes

Deshalb treten wir im Auftrag von Christus als seine Gesandten auf; Gott selbst ist es, der die Menschen durch uns zur Umkehr ruft. Wir bitten im Namen von Christus: Nehmt die Versöhnung an, die Gott euch anbietet!
2. Korinther 5,20

Der Apostel Paulus wendet sich unmissverständlich an die Korinther und zudem an die Menschen der ganzen Welt. Sie alle haben es bitter nötig, sich versöhnen zu lassen. Jesus ist für unsere Sünden am Kreuz gestorben und schenkt allen, die sein Angebot zur Umkehr und Nachfolge annehmen, das ewige Leben. Wenn wir es mit dieser Nachfolge ernst meinen, dann dürfen wir uns als Gesandte verstehen. Botschafter eines Landes zu sein, ist eine große Ehre. Man vertritt es persönlich im Ausland und ist von der eigenen Regierung legitimiert. Von einem Botschafter wird absolute Loyalität und Treue verlangt. Wenn es zwischen Staaten zu Konflikten kommt, wird in der Regel zuerst der jeweilige Botschafter einbestellt, um die Angelegenheit mit ihm zu besprechen. Wir können uns vorstellen, wie es wäre, wenn wir dieses hohe Ansehen hätten. Wir sind es, wie Paulus sagt. Unser Auftraggeber ist auch nicht eine Regierung wie die unsere, die von allen Seiten kritisiert wird und deren Tage gezählt zu sein scheinen. Wir sind von unserem ewigen Gott berufen. Mit Stolz und Freude dürfen wir darauf hinweisen, dass seine Weisungen gelten und dass jeder, der sie hört, sich zu IHM bekehren soll.

Das alles ist Gottes Werk. Er hat uns durch Christus mit sich selbst versöhnt und hat uns den Dienst der Versöhnung übertragen.
2. Korinther 5,18

Ans Wort halten und nichts hineinlesen wollen

Diese zwölf Jünger sandte Jesus aus und gab ihnen folgenden Auftrag: »Geht nicht zu den Nichtjuden oder in die Städte der Samariter, sondern geht nur zu den Menschen aus dem Volk Israel. Sie sind wie Schafe, die ohne ihren Hirten verloren umherirren. Ihnen sollt ihr diese Botschaft bringen: ›Gottes himmlisches Reich ist nahe!‹ Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige gesund und treibt Dämonen aus!
Matthäus 10,5-8

Wer diesen Text aufmerksam liest, wird feststellen, dass er einige Aussagen enthält, auf die sich spätere Nachfolger gerne berufen. Doch halten wir fest: Jesus gibt den ursprünglichen zwölf Jüngern diesen Auftrag. Sie sollen sich nicht um die Heiden kümmern, sondern um die verlorenen Seelen aus dem Volk Israel. Ihnen sollen sie verkünden, dass das Reich Gottes nahe ist. Dazu gab er ihnen – und nur ihnen – die Vollmacht, Kranke zu heilen, Tote aufzuerwecken, Aussätzige gesund zu machen und Dämonen auszutreiben. Dieser Auftrag galt nur für die zwölf Jünger, nicht für alle Nachfolger und auch nicht für uns. Viele selbsternannte Heiler und Exorzisten dürfen sich nicht darauf berufen. Andererseits sollen wir, wie wir wissen, das Evangelium auch den Heiden verkünden. In einem späteren Kapitel bei Matthäus steht dann der Missionsbefehl, der sich an uns alle richtet, und der da lautet:

Deshalb geht hinaus in die ganze Welt und ruft alle Menschen dazu auf, meine Jünger zu werden! Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Matthäus 28,19

Allerdings haben wir als Jünger und Nachfolger nicht die Vollmachten der ursprünglichen Zwölf. Wir müssen auf das Wunderwirken verzichten, auch wenn es vielleicht verlockend und beeindruckend wäre. Aber das ist Wunschdenken und nicht biblisch gedeckt. Wir müssen uns in der Verkündigung damit begnügen, auf das Wunderbare hinzuweisen, das wir in der Heiligen Schrift finden.