Andacht Heute

Erfüllt werden geht über Einteilen hinaus

Ja, ich bete darum, dass ihr seine Liebe versteht, die doch weit über alles Verstehen hinausreicht, und dass ihr auf diese Weise mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werdet, das bei Gott zu finden ist.
Epheser 3,19

Der von mir sehr geschätzte, inzwischen emeritierte Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte Albert Meier hat in einem kurzen Aufsatz zur Problematik der Epocheneinteilung eine bedenkenswerte Feststellung formuliert. Um überhaupt „vernünftig darüber reden“ zu können, brauche es Begriffe wie Klassik und Romantik. Diese Schematisierungen sind unverzichtbar, bedürfen aber der ständigen Selbstkontrolle im Hinblick auf den jeweiligen Zweck und dürfen nicht dazu verleiten, die Besonderheiten des vorliegenden Textes aus den Augen zu verlieren. Dies sollte uns auch eine Mahnung sein, wenn wir uns mit dem Wort der Bibel beschäftigen.

Bei der Auslegung eines einzelnen Textes geraten wir leicht in die Gefahr, alles auf systematisch-theologische Fachbegriffe (wie Rechtfertigung, Prädestination, Gnadenzeit und andere) reduzieren zu wollen und dabei allzu leicht in dogmatische Festlegungen und Urteile zu verfallen. Dabei wird dem einzelnen Text nicht selten Gewalt angetan, so wie eine wunderschöne Pflanze schnell von der Hand eines unsensiblen Botanikers zerrissen wird, der kein Auge mehr für ihre besondere Ästhetik hat und beim Sezieren nur noch sein Schema im Kopf hat. Noch einmal: Ohne Begriffe geht es nicht, aber sie dürfen nicht zum Selbstzweck werden und unsere Aufmerksamkeit einengen. Wenn wir das Wort Gottes in seiner ganzen Vielfalt wahrnehmen, wird es auch in unser Herz fallen und wir werden „mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werden“.

Die Nachfolge

Als er weiterging und am Zollhaus vorbeikam, sah er dort Levi sitzen, den Sohn des Alphäus. Jesus sagte zu ihm: „Folge mir nach!“ Da stand Levi auf und folgte Jesus.
Markus 2,14

Levi war Zöllner. Er gehörte damit einer Berufsgruppe an, die beim jüdischen Volk verhasst war. Zöllner dienten der römischen Besatzungsmacht als Steuereintreiber und waren meist korrupt und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Deshalb wurden sie auch aus der Gesellschaft und der Synagoge ausgeschlossen. Und genau zu einem solchen Zöllner ging Jesus und forderte ihn auf, ihm zu folgen. Sofort kam natürlich der Vorwurf der Schriftgelehrten und Pharisäer, dass er sich mit Sündern einlasse, was ein Skandal sei. Darauf antwortete Jesus:
„Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder“.
Markus 2,17

Damit sprach er eine deutliche Warnung an alle Selbstgerechten aus. Es ist keiner unter uns, der ohne Sünde ist. Levi folgte dem Herrn, ohne viel nachzudenken, und wurde allein dadurch gerechtfertigt. Das mag auch heute noch auf Unverständnis stoßen, weil es dem offensichtlichen Sünder so leicht gemacht wird. Wenn das so ist, dann darf – und muss – man sich fragen, warum nicht alle Menschen Jesus nachfolgen.

Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.
Johannes 12,26

Wenn uns Selbstmotivation nicht hilft

Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn.
Römer 12,11 (Lutherbibel 2017)

Lasst in eurem Eifer nicht nach, sondern lasst das Feuer des Heiligen Geistes in euch immer stärker werden. Dient dem Herrn.
Römer 12,11 (Neue Genfer Übersetzung)

Zwei Übersetzungen, die nicht genau das Gleiche ausdrücken. In der Luther 2017 heißt es, dass man sich immer wieder neu motivieren muss, um nicht in Trägheit zu verfallen. Die Neue Genfer hingegen spricht davon, den Heiligen Geist stärker werden zu lassen. Es geht viel mehr darum, sich auf diesen großen Helfer zu verlassen, ihm den nötigen Raum zu geben und zu sehen, wie alles gelingt. Ohne ihn können wir uns geistlich noch so sehr anstrengen, es bleibt vergebliche Mühe.

Wie so Viele hat auch mich gerade eine Sommergrippe erwischt. Ich habe eine anstrengende Nacht hinter mir und kurz überlegt, ob ich heute die Andacht schreiben soll. Da hat mir dieses Wort aus dem Römerbrief geholfen, und jetzt fällt mir das Schreiben ganz leicht. Der Heilige Geist ist ein starker Turbo, der uns hilft, unsere Müdigkeit zu überwinden. Wir müssen uns nicht ständig selbst antreiben, um nach persönlichen Kraftakten stolz auf uns zu sein und der Selbstgerechtigkeit zu verfallen. Tun wir einfach in aller Gelassenheit unseren Dienst und lassen wir den Geist Gottes in uns wirken. Auf seine belebende Kraft können wir uns immer verlassen.