Andacht Heute

Die Abendmahlfrage

Und er nahm das Brot, dankete und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!
Lukas 22,19

In Wittenberg war der radikale Reformator Karlstadt dazu übergegangen, die Realpräsenz Christi im Abendmahl in Frage zu stellen und den Gläubigen eine andere Praxis vorzuschreiben. Dazu trug er ein Laiengewand, sprach die Einsetzungsworte auf Deutsch, hob die Hostie nicht in die Höhe und gab sie den Gläubigen mit dem Kelch in die Hand. Das war für viele, die an den katholischen Ritus gewöhnt waren, eine Zumutung, und sie empörten sich. Luther mahnte in seiner fünften Invokativpredigt zur Mäßigung. Er war dafür, dass man Rücksicht nehmen sollte. „Darum lasset ab davon, das bitte ich euch.“ Die weitere Reformationsgeschichte zeigt, dass es gerade an der Abendmahlsfrage zur Spaltung in die evangelische (lutherische) und die reformierte Kirche (Zwingli und Calvin) kam. Die Lutheraner betonen die Realpräsenz, d.h. Christus ist in, mit und unter Brot und Wein gegenwärtig. Die Reformierten sehen das Abendmahl vor allem als symbolische Handlung zur Erinnerung an das Opfer Christi.

Im Sinne Luthers ist es sicher – und das wird in der fünften Invokavitpredigt deutlich -, wenn man sich in der Frage der Praxis des Abendmahls nicht verbeißt, sondern sich auf das besinnt, was da im Mittelpunkt stehen soll, nämlich die Feier der einmaligen Erlösungstat Jesu Christi für die ganze Menschheit.

Kein Zwang, sondern Freiheit

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!
Galater 5,1

In der vierten Invokavitpredigt (siehe auch die Andachten der vergangenen Tage) ging Luther noch einmal auf den Bildersturm ein, den er ablehnte. Es ging ihm nicht nur um die Werke aus Künstlerhand, sondern auch um Bilder, die wir uns selbst von Gott machen. Gott ist nicht eine Macht, die ständig unerbittlich straft. Er ist auch nicht nur lieb und nett, weil wir uns das so wünschen. Das Wort der Bibel kann eine große Hilfe sein, um zu erkennen, wo sich falsche Gottesbilder in unseren Herzen eingenistet haben.

Im zweiten Teil der Predigt setzte sich Luther mit den damaligen Speiseverboten auseinander. Die Christen durften in der Fastenzeit und an den Freitagen weder Fleisch, noch Eier oder Butter zu essen, mussten sich also im heutigen Sinne vegan ernähren. Nur Fisch war erlaubt. Das war alles von der katholischen Kirche so festgelegt, in der Bibel ist von diesen Verboten nichts zu finden. Und jetzt kommt Luther daher und sagt einfach: Iss, was du willst! Du musst dich nicht vor Papst und Kirche verantworten, Gott hat dir die Freiheit geschenkt. Nur ihm musst du Rechenschaft ablegen. Wer dagegen an manchen Tagen fasten will, der soll es tun. Aber er soll es nicht aus Zwang tun und auch nicht von anderen verlangen.

Und so sollten wir mit dieser Freiheit nicht nur beim Essen umgehen. Wir können ein Tischgebet sprechen, wir haben die Freiheit dazu. Wir müssen es aber nicht. Wir können in den Gottesdienst gehen – wir dürfen, aber wir müssen nicht. Ich kann mir die Freiheit nehmen, anderen Menschen zu helfen, ich muss es aber nicht. Wenn wir etwas freiwillig tun, sollten wir es gerne tun. Wir sollten es nicht tun, um uns vor anderen hervorzutun und von ihnen das Gleiche zu verlangen. Es geht nicht um Selbstrechtfertigung, um eine aus Angst erbrachte Leistung, die Gott wunschgemäß anerkennen soll. Allein aus seiner Gnade heraus dürfen wir eine Beziehung zu ihm haben, die von Dankbarkeit und Vertrauen geprägt ist. Es ist ganz im Sinne Luthers, wenn wir lernen, unsere Freiheit recht zu gebrauchen, indem wir Gottes Wort in unseren Alltag umsetzen.

Zölibat und Bildersturm

Du sollst dir keine Götterbilder anfertigen, indem du etwas nachbildest, das sich am Himmel, auf der Erde oder im Meer befindet. Wirf dich nicht vor ihnen nieder und verehre sie nicht.
2. Mose 20,4-5

Seine dritte Invokavitpredigt begann Luther mit den Worten:

„Wir haben (in den ersten Predigten) von den Dingen die sein müssen (gehört) … Nun folgen die Dinge, die … von Gott frei gelassen sind und die man halten mag oder auch nicht. So z. B. der Zölibat, denn ein Mönch oder eine Nonne, die nicht enthaltsam leben können, die sollen sich einen Ehepartner nehmen.“

Die Aufgabe des Zölibats hatte eine tiefgreifende Bedeutung für die Reformation und die Entwicklung des Protestantismus. Er selbst heiratete drei Jahre später die Nonne Katharina von Bora. Luther argumentierte, dass die Ehelosigkeit nicht biblisch begründet sei:

„Das Entscheidende aber ist, dass im Jüngsten Gericht niemand sagen darf: Jemand hat etwas gesagt, alle haben es gemacht, und ich bin einfach der Masse nachgelaufen! Jede Entscheidung muss aus der Schrift begründet werden…Deshalb sage ich nochmals: Was Gott nicht geregelt hat, das muss frei bleiben, und es ist ein Unrecht zu regeln, was Gott nicht geregelt hat.“

Auch zum Bilderstreit nahm er Stellung. Der radikale Reformer Andreas Karlstadt hatte in Wittenberg die Kirchenmusik abgeschafft und die Heiligenbilder in der Kirche entfernen lassen. Luther wandte sich in seiner Predigt gegen den Bildersturm, also gegen die gewaltsame Zerstörung von sakralen Kunstwerken:

„Nun zu den Bildern: Die Bilder sind zwar unnötig, aber Gott hat die Entscheidung darüber den Menschen überlassen, bis auf einen Punkt: ‚Bilder dürfen nicht angebetet werden!‘
Wie kann man sagen, dass Gott die Entscheidung über die Bilder den Menschen freigestellt hat, wenn es doch im zweiten Gebot heißt: ‚Du sollst dir kein Abbild schaffen‘? Es gibt auch die Auslegung, dass damit nur gemeint ist, dass man sie nicht anbeten darf, denn auch Mose hat die eherne Schlange geschaffen, und sie wurde jahrhundertelang aufbewahrt und erst vernichtet, als Menschen begannen, sie anzubeten. So hat auch Paulus in Athen die Bildnisse der heidnischen Götter nicht zerstört, sondern sie als Anknüpfungspunkt für seine Predigt an die Athener benutzt.“


Luther erkannte später den lehrreichen Charakter von Bildern an. Er sah sie als nützliches Mittel, um biblische Geschichten und Glaubensinhalte zu vermitteln, insbesondere für Menschen, die nicht lesen konnten. In diesem Sinne verteidigte er die Verwendung von Bildern, solange sie nicht als Objekte der Anbetung dienten.