Andacht Heute

Ach, du meine Güte

Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.
Galater 5,22-23

Ich habe gestern einen Vortrag des österreichischen Neurowissenschaftlers und Psychiaters Raphael M. Bonelli gehört, den ich weiterempfehlen kann. Er macht sich Gedanken über die Stellung des Mannes in der heutigen Gesellschaft. Auch Frauen sollten sich das ansehen, auch sie könnten davon profitieren. Bonelli ist der Meinung, dass man entgegen manchen Zeitströmungen festhalten muss, dass es Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt. Es komme darauf an, dass die Geschlechter erkennen, wie sie sich gegenseitig ergänzen können. Ich möchte davon hier nur seine Ausführungen über die Güte herausgreifen, die er als eine Weisheit des Herzens erklärt: https://youtu.be/xUAwyCCBYY8?t=2541

Für Bonelli heißt Güte nicht, alles in einem positiven Licht zu sehen, sondern „genau sehen, analysieren, durchschauen  – und nicht verurteilen“. Wir sehen oft die Schwachstellen beim anderen besser als bei uns selbst. Gerne schleicht sich bei uns dann eine Art Überlegenheitsgefühl ein, das wir auch zum Ausdruck geben wollen. Wenn ich sehe, dass einer ständig Probleme hat, sich z. B. richtig vorzubereiten auf einen Termin, auf eine gemeinsame Reise oder ähnliches, und ich selbst da keinerlei Schwierigkeiten habe, dann bin ich versucht, ihm seine Schwäche mit deutlichen Worten vorzuhalten („Das ist wieder mal typisch für dich, dass du Wichtiges vergessen hast!“). Wir übersehen dabei gerne, dass wir auch unsere Defizite in anderen Bereichen haben. Die Güte zeigt sich, wenn wir es dem anderen in Liebe sagen, ohne ihn zu verletzen. Das erfordert Einfühlungsvermögen, sonst ist ein Streit oft die Folge. Die Bibel enthält eine Reihe von Ratschlägen, wie wir gütig miteinandern umgehen können, u. a.:

Die Weisheit aber, die von Gott kommt, ist vor allem aufrichtig; außerdem sucht sie den Frieden, sie ist freundlich, bereit nachzugeben und lässt sich etwas sagen. Sie hat Mitleid mit anderen und bewirkt Gutes; sie ist unparteiisch, ohne Vorurteile und ohne alle Heuchelei.
Jakobus 3,17

Wo bleibt die wahre Freude?

Und obwohl mein körperlicher Zustand für euch eine Zumutung gewesen sein muss, habt ihr nicht mit Verachtung oder gar Abscheu reagiert, im Gegenteil: Ihr habt mich wie einen Engel Gottes aufgenommen, wie Jesus Christus persönlich. Ihr wart so glücklich damals! Was ist nur aus eurer Freude geworden?
Galater 4,14-15

Paulus hatte auf einer Missionsreise den Galatern (in der heutigen Türkei) das Evangelium gebracht. Er war begeistert aufgenommen worden und viele kamen zum Glauben. Nun erreichten ihn beunruhigende Nachrichten, die ihn zum Schreiben veranlassten. Er trat Gerüchten und Irrlehren entgegen, die von falschen Aposteln ausgestreut wurden. Die größte Sorge von Paulus war aber, dass die Galater wieder vom wahren Glauben abfallen könnten. Das ging so weit, dass er freimütig bekannte:
Denn ich weiß mir keinen Rat mehr mit euch.
Galater 4,20

Am Beispiel der Galater können wir sehen, was geschieht, wenn sich Christen nach anfänglicher Freude falschen Lehrern zuwenden. Dann kann es geschehen, dass ihnen Unwichtiges als heilsentscheidend eingeredet wird. Bei ihnen war es die Beschneidung, über der sie vergaßen, dass allein der Glaube das Heil bringt und frei macht. Deshalb ist es so wichtig, das Evangelium zu kennen, in der Bibel zu lesen, um sich nicht etwas aufdrängen zu lassen, was nicht in ihr steht. Wie viele sind schon aufgetreten, haben die Gläubigen wieder verwirrt und ihnen selbst ausgetüftelte Regeln auferlegt. Noch heute gibt es solche Strömungen. Daneben auch solche, die mehr Wert auf Äußerlichkeiten wie Gesang und Tanz legen, die Zeichen, Heilungen und Wunder in den Vordergrund stellen. Sie sind es auch, die den Geist trunken machen wollen, statt den Verstand zu benutzen, um auf das Wort Gottes zu hören und in Demut zu beten. Paulus hätte gerade heute Grund genug, weitere Mahnbriefe zu schreiben.

Geschwister, ihr seid zur Freiheit berufen! Doch gebraucht eure Freiheit nicht als Vorwand, um die Wünsche eurer selbstsüchtigen Natur zu befriedigen, sondern dient einander in Liebe.
Galater 5,13

Leibfeindlichkeit und Körperkult

Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des in euch wohnenden Heiligen Geistes ist, den ihr von Gott empfangen habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?
1. Korinther 6,19

    Von unserem Leib, und speziell in seinem Verhältnis zum Geist, gab und gibt es die unterschiedlichsten Vorstellungen. Die Sekte der Gnostiker trennte aufgrund ihrer Irrlehre vom Auftretens eines niederen Schöpfergottes, dem Demiurg, das Fleisch streng vom Geist. Wenn der Leib von einem bösen Gott geschaffen wurde, dann war er abzulehnen. Leibfeindliche Tendenzen in der Kirche erhielten dadurch ihre verdorbene Nahrung. Noch heute plagt Gläubige ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihre Sexualität in der dafür vorgesehenen Form der Ehe nicht genießen können. Diese Leibverachtung ist in der Moderne in eine Vergötterung des Leibes umgeschlagen. Überall finden wir heute diesen Körperkult. Gesundheit, Fitness und Aussehen erscheinen vielen als das allein Erstrebenswerte. Wieviel Geld wird allein für die Umgestaltung eines nicht optimalen Körpers ausgegeben?

    Das Wort des Paulus an die Korinther zeigt uns einen Ausweg, mit dem wir den Extremen Leibfeindlichkeit und Leibvergötterung entkommen können. Die Vorstellung, dass in uns der Heilige Geist wirksam ist, kann uns davor befreien, den Leib als einen vom Geistigen abgespalten Teil unseres Selbst zu betrachten. Wir dürfen uns an unserem Leib erfreuen, sollten ihn aber nicht überbewerten, sondern ihn in der von Gott geschaffenen Einheit mit unserem Geist betrachten.

    Meine Kinder, um die ich noch einmal Geburtswehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinnt.
    Galater 4,19