Andacht Heute

Der fehlende Trost

Wenn der Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb käme, so würde er wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen.
Lukas 12,39

Gestern haben wir auf arte das preisgekrönte Filmdrama „Das Zimmer meines Sohnes“ von Nanni Moretti aus dem Jahr 2001 gesehen. Es ging darum, wie eine Familie mit dem Unfalltod ihres Sohnes umgeht. Die Ehe des Psychoanalytikers Giovanni und seiner Frau Paola zerbricht fast an diesem Schicksalsschlag, seinen Beruf kann er vorerst nicht mehr ausüben. Erst die Begegnung mit dem Mädchen, das der Sohn kurz vor seinem Tod kennengelernt hat, führt die Familie aus der Agonie zurück ins Leben. Ein Detail des Films ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Der katholische Priester greift bei der Beerdigung auf ein Bibelwort zurück: „Wenn ein Hausvater die Stunde wüsste, wann der Dieb kommt, so würde er wachen. So wissen auch wir nicht, wann der Herr uns ruft.“ Dem Vater hilft das nicht weiter, weil der Glaube in seiner Familie keine Rolle spielt, und er damit nichts anfangen kann.

Wer die Bibel ein wenig kennt, weiß, dass es in diesem Zitat nicht darum geht, ein Hausvater könne nicht im voraus wissen, wann bei ihm eingebrochen wird und er deshalb keine besseren Vorkehrungen treffen kann. Es geht auch nicht darum, dass man sich nicht auf Schicksalsschläge wie den Tod eines Familienmitglieds vorbereiten kann. Den Vater quält der Gedanke, dass er am Unfallsonntag angeblich versagt hat, weil er zu einem hilfesuchenden Klienten gefahren ist, anstatt – wie geplant – mit seinem Sohn etwas zu unternehmen, der dann zum Tauchen gefahren ist, wobei der Unfall dann passiert ist. Die verwendete Bibelstelle ist nicht geeignet, den Vater zu trösten. Sie handelt davon, dass wir alle nicht wissen können, wann Jesus wiederkommt. Diese Dimension spielt im Film keine Rolle. Das Bibelzitat wurde von Moretti, dem Regisseur und Hauptdarsteller, der auch das Drehbuch geschrieben hat, offenbar nur verwendet, um zu zeigen, dass der Trost der Kirche nichts nützt. Dabei hätte es sich angeboten, darauf hinzuweisen, dass in einer Familie der praktizierte Glaube an Gott so entscheidend wichtig ist, weil wir dadurch die Seelen von uns, dem Ehepartner und unseren Kindern retten können.

Nicht auf einen Geistesblitz warten

In einem jeglichen erzeigen sich die Gaben des Geistes zum gemeinen Nutzen. Einem wird gegeben durch den Geist, zu reden von der Weisheit; dem andern wird gegeben, zu reden von der Erkenntnis nach demselbigen Geist.
1. Korinther 12,8

    Heute habe ich mich bei diesen Versen aus dem Korintherbrief für die Luther 1545, statt für neuere Übersetzungen entschieden. In letzteren steht hier oft „das richtige Wort der Weisheit“ oder so ähnlich. Das hat zu Missverständnissen geführt, die nicht nur Charismatiker dazu verleitet haben, in bestimmten Situationen so zu sprechen: „Ich habe ein Wort vom Herrn für dich“. Sie beanspruchen damit, im Auftrag Gottes zu sprechen, weil sie eine Offenbarung gehabt hätten. Sie tun dies mit dem Nachdruck, dass ihre Worte genau befolgt werden müssen. Die Gabe des Heiligen Geistes als Weisheit ist aber nicht ein einzelnes Wort, auf das man in einer Situation warten muss, bis es einem zufällt. Einen solchen „Blitz der Erkenntnis“ mag es schon gegeben haben, man denke an Luther in Stotternheim 1505 oder an Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Aber so etwas passiert äußerst selten. Schon gar nicht bei jeder alltäglichen Entscheidung, wie z.B. einem Wohnungswechsel. Die Geistesgaben der Weisheit und der Erkenntnis, von denen in diesem Brief die Rede ist, empfangen wir aus der Heiligen Schrift. Die Gabe der Weisheit wächst in einem Gläubigen, der immer mehr Einsicht in die biblische Wahrheit gewinnt und sie anderen erklären kann, um sie in bestimmten Lebenssituationen anzuwenden. Die Gabe der Erkenntnis fällt tief in unser Herz und ist eine besondere Gnadengabe, die wir vom Heiligen Geist empfangen. Wer von Fall zu Fall auf einzelne Eingebungen wartet statt kontinuierlich in der Bibel zu lesen, entwertet den kostbaren Schatz der Heiligen Schrift, die alles enthält, was wir brauchen.

    So ist also der, der Gott gehört und ihm dient, mit Hilfe der Schrift allen Anforderungen gewachsen; er ist durch sie dafür ausgerüstet, alles zu tun, was gut und richtig ist.
    1. Timotheus 3,17

      Wenn Gott beleidigt wird

      Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen! Denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.
      2. Mose 20,7

        In diesen Tagen kommt es geballt auf uns zu. Täglich wird an unsere Toleranz appelliert. Wir sollen uns doch nicht so anstellen, wenn Künstler und Demonstranten eine andere Meinung haben als wir. Toleranz ist heute gefragt und damit auch die Fähigkeit, andere Meinungen zu ertragen. Aber wo hört Toleranz auf? Ganz klar dort, wo auf deutschen Straßen offen zur Vernichtung Israels aufgerufen wird, wie gestern wieder in Berlin geschehen. Wir sehen, dass der Begriff der Toleranz nicht grenzenlos sein kann. Seit der Aufklärung gilt als tolerant, wer „duldsam, nachsichtig, großzügig, weitherzig“ ist (Wikipedia). Vielen reicht das heute nicht mehr. Sie zitieren dann gerne Goethe: „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ Bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris wurde Gott schamlos verspottet und ein queeres Abendmahl inszeniert, bei dem neben Dragqueens (als Frauen verkleidete Männer) ein fast nackter Sänger als Bacchus auftrat, dem Gott des Rausches, des Wahnsinns und der Ekstase. Auch für diese Lästerung des christlichen Gottes forderten die Veranstalter Toleranz. Rechtlich ist so etwas in Europa heute nicht grundsätzlich verboten. Die Kunstfreiheit gilt als hohes Gut. Wer hier kritisiert, wird als ewig Gestriger, in seinen Gesetzlichkeiten Verbohrter verspottet, denn unsere Gesellschaft ist schon viel weiter, wie diese Eröffnungsfeier gezeigt hat: Sie ist bunt, woke und vielfältig. Aber wem alle traditionellen Werte der Menschlichkeit nichts mehr bedeuten, dem bleibt nur, sich über alles lustig zu machen. Das alles sollen wir ertragen, nein – wenn wir noch einmal Goethe heranziehen – wir sollen es auch noch anerkennen, sonst wäre es eine Beleidigung. Aber wie kann man von gläubigen Christen verlangen, nicht nur zu dulden, sondern sogar anzuerkennen, dass Gott selbst auf unverschämteste Weise beleidigt wird?