Andacht Heute

Der furchtbare Gott

Erhöre uns nach der wunderbaren Gerechtigkeit, Gott, unser Heil.
Psalm 65,6

Die Übersetzer der Lutherbibel von 2017 wollten es offenbar dem heutigen Leser nicht zumuten, das hebräische jare in seiner richtigen Bedeutung zu übertragen und entschieden sich für „wunderbar“. Die Elberfelder Bibel ist genauer und damit deutlicher:

Du wirst uns furchtbare Dinge in Gerechtigkeit antworten, Gott unseres Heils.

Das Adjektiv „furchtbar“ enthält heute eine negative Wertung im Sinne von „unheilvoll, schrecklich, grausam“. In Bezug auf Gott wird das Wort dagegen als Ehrfurcht vor seiner Macht verstanden. Diese zeigt sich in den großen Werken seiner Schöpfung, in der Geschichte seines Volkes, in den Berichten der Bibel oder in der schon erfahrenen persönlichen Hilfe. Wenn Gott und seine Werke als furchtbar bezeichnet werden, so meint man damit Dinge, die zur Gottesfurcht führen können. Wer meint, diese zu erwähnen wäre nicht mehr zeitgemäß, der irrt gewaltig. Leider ist die Gottesfurcht vielen abhandengekommen. Aber Gott ist nicht so sanftmütig, wie wir IHN sehen wollen, als einen, der immer ein Auge zudrückt, ganz gleich, ob wir gehorchen oder nicht. Seine Macht übersteigt alles, was sich in der Welt mächtig nennt. Das werden viele Herrscher erleben, die sich hier auf Erden so gebärden, als gäbe es IHN nicht. Wir haben allen Grund, IHN zu fürchten. Um in der Gottesfurcht zu bleiben, sollten wir die Psalmen lesen. Im Psalm 65 dankt David Gott dafür, dass er dem Land Regen geschickt hat. Er tut dies in großer Ehrfurcht vor dessen Allmacht:

Du Zuversicht aller Enden der Erde und des fernen Meeres, der die Berge festigt durch seine Kraft, umgürtet ist mit Macht, der das Brausen der Meere besänftigt, das Brausen ihrer Wellen und das Getümmel der Völker.
Psalm 65,6-8

Gott fordert Gerechtigkeit

Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen.
2. Mose 23,2

Der heutige Vers stammt aus dem sogenannten Bundesbuch, einer Sammlung von Gesetzen, die auf die Zehn Gebote folgt. In Kapitel 23 geht es vor allem um Fragen zum Zivilrecht. Es sollen damit Arme und Schwache geschützt und die Durchsetzung von Gerechtigkeit gefördert werden.

Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen und nicht so antworten vor Gericht, dass du der Menge nachgibst und vom Rechten abweichst.
2. Mose 23,2

Wer den Satz verkürzt, reißt ihn aus dem Zusammenhang, worin eine unumstößliche Anweisung für das Verhalten vor Gericht enthalten ist. Jeder, der eine Aussage macht, muss bei der Wahrheit bleiben und darf sie nicht verdrehen, um des persönlichen Vorteils willen. Damit sollte die schon damals vorhandene Korruption bekämpft werden. Mit der hier vorgenommenen Verkürzung auf den Halbsatz wird man dazu verleitet, diese eingeschränkte Bedeutung auf eine Vorschrift für das gesamte ethische Handeln auszuweiten. Meines Erachtens wäre das nicht einmal verkehrt, aber erst durch die Konkretisierung auf die Herstellung von Gerechtigkeit wird vorstellbar, was darunter zu verstehen ist. In der hier vorgenommenen Verkürzung bleibt vieles unklar. Vor allem bleibt die zentrale Frage unbeantwortet, woran man erkennt, wie der zum Bösen führende Weg der Menge beschaffen ist. Es haben sich schon viele darauf berufen, den richtigen Weg zum Guten gefunden zu haben. Sie waren beseelt von ihren heilbringenden Ideen und wussten scheinbar sehr genau zwischen guten und bösen Wegen unterscheiden zu können. Noch heute sind wir, ohne es immer zu bemerken, von einer Vielzahl von Ideologien umgeben. Der verkürzte Satz könnte von manchem Eiferer für seine Zwecke benutzt werden.

Deshalb ist es wichtig, sich das konkrete Beispiel eines Zeugen vorzustellen, wenn es um die Wahrheitsfindung geht. Es geht darum, dass er sich an die Wahrheit halten muss und nicht daran denkt, welche Folgen seine Aussage für ihn selbst hat. Das kann auch heute noch zu schweren inneren Konflikten führen, z. B. für einen Zeugen, der gegen ein Mitglied eines Clans aussagen muss. In ähnlicher Lage sind Polizisten, wenn sie Straftaten verfolgen und Journalisten, wenn sie darüber berichten. Sich für die Gerechtigkeit zu entscheiden, kann zu Problemen führen. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass dies von Gott so gefordert wird. Die Bibelstelle in 2. Mose ist eindeutig zu verstehen. Wenn ich von diesem konkreten Beispiel aus nachdenke, fallen mir viele weitere aus dem Alltagsleben ein. Sind wir nicht eher bereit, den kritikwürdigen Aussagen eines Gesprächspartners zuzustimmen, wenn wir von ihm abhängig sind oder etwas von ihm wollen, und sei es nur seine Anerkennung? Wie oft stehen wir gerade nicht für unsere Überzeugungen ein und gehen den bequemeren Weg, der uns keine Nachteile einbringt? Wir sehen, mit dieser Anweisung in der Losung deckt Gott unsere Feigheit und unseren mangelnden Einsatz für die Gerechtigkeit schonungslos auf. Bitten wir IHN, dass er uns in unserer Schwäche hilft.

Zorn und Ärger

Versündigt euch nicht, wenn ihr zornig werdet! Die Sonne darf über eurem Zorn nicht untergehen!
Epheser 4,26-27

In einer Predigt erzählte ein Pastor eine Geschichte über die Aggressionen, die beim Autofahren frei werden. Eine Tochter durfte mit ihrem Vater im Auto in die Stadt fahren. Nach ihrer Rückkehr wurde die Kleine von ihrer Mutter gefragt, was sie gesehen hätte. Ihre Antwort machte den Vater verlegen: „Eine ganze Menge ‚Idioten‘, ‚Trottel‘ und ‚Blödmänner‘, wie Papa gesagt hat.“

Nicht nur im Auto lassen wir unserem Zorn freien Lauf. Wir sollten uns mal beobachten: Wie häufig lösen Nachrichten aus der Politik in uns Ärger aus, den wir auch äußern! Meine Frau macht mich hin und wieder darauf aufmerksam, wenn sich meine zornigen Kommentare während der Tagesschau häufen. Selbst merke ich das gar nicht, wenn ich so vor mich hin grantele. Erst wenn es mir gesagt wird, erkenne ich, wie ich mich in eine ungute Stimmung hineinsteigert habe, die mich unleidlich macht. Ob es andere Autofahrer sind, Politiker oder auch der Ehepartner, die unseren Ärger auslösen – es gibt immer einen Anlass für unseren Zorn. Wir sollten schneller erkennen, wenn bittere Gefühle in uns aufsteigen. Wie Paulus sagt, sollten wir sie nicht den ganzen Tag sammeln und damit ins Bett gehen. Besser ist es, sich in Vergebung zu üben. Denken wir an das Positive, das uns an diesem Tag begegnet ist. Oft sind es nur medial aufgeblähte Probleme wie der angestiegene Benzinpreis, die eine ganze Nation in Rage versetzen können. Der Abend ist da, um wieder zur Ruhe zu kommen. Wir sollten Gott danken, der uns so vieles schenkt an jedem Tag.

Fort also mit aller Bitterkeit, mit Wut, Zorn und gehässigem Gerede! Schreit euch nicht gegenseitig an und verbannt jede Bosheit aus eurer Mitte. Seid vielmehr umgänglich und hilfsbereit. Vergebt euch gegenseitig, weil Gott auch euch durch Christus vergeben hat.
Epheser 4,32