Andacht Heute

Ein Tipp für unsere Lebenspraxis

Weil Gott uns solches Erbarmen geschenkt hat, Geschwister, ermahne ich euch nun auch, dass ihr euch mit Leib und Leben Gott als lebendiges und heiliges Opfer zur Verfügung stellt. An solchen Opfern hat er Freude, und das ist der wahre Gottesdienst. Und richtet euch nicht nach den Maßstäben dieser Welt, sondern lasst die Art und Weise, wie ihr denkt, von Gott erneuern und euch dadurch umgestalten, sodass ihr prüfen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob es Gott gefallen würde und ob es zum Ziel führt!
Römer 12,1-2

In Rom zur Zeit des Paulus waren Opfergaben die übliche Form mit Gottheiten Kontakt aufzunehmen und ihr Wohlwollen zu erkaufen. Christen wurden verfolgt, weil sie diesen Ritus nicht mitmachten, da sie erkannt hatten, dass Jesus selbst das Opfer schon erbracht hatte für unser sündhaftes Leben. Dieser Begriff macht für uns nur Sinn, wenn wir damit ein Leben in der Nachfolge Jesu verstehen. Er kann dann auch nicht als eine Aufforderung zur aktiven Selbstaufopferung begriffen werden, sondern als Umwandlung unserer ganzen Persönlichkeit, die mit uns geschieht, wenn wir uns an Jesus halten.

Wenn wir das Opfer, das wir bringen sollen, als unsere Umgestaltung und Erneuerung durch Gott verstehen, dann macht auch der zweite Satz Sinn. Es tut sich etwas in uns, wir können es selbst feststellen. Es entzieht sich aber einem Denken, das sich noch einen Handel mit Gott vorstellt im Sinne von: Hier ist mein Opfer, dort die Wunscherfüllung durch IHN. Dies würde umgekehrt dazu führen, dass wir Gott prüfen, ob er uns den Gefallen tut. Das machen aber viele und es führt nicht selten zur Enttäuschung, weil ER nicht alle Gebete erhört und alle Wünsche erfüllt. Es kann nicht im Sinne Gottes sein, dass wir hier ein Leben führen, in dem alles zu unserer Zufriedenheit läuft. ER hat mit uns ein höheres Ziel, dass wir nämlich mit unserem Dienst für IHN beim Himmelreichbau mithelfen. Da ist es von Paulus ein wertvoller Tipp für die Praxis, sich zu fragen, ob das, was wir im Begriffe sind zu tun, „Gott gefallen würde und ob es zum Ziel führt“.

Ein Lobpreis der Weisheit Gottes

Früher hattet ihr Gott nicht gehorcht, habt aber jetzt – wegen Israels Ungehorsam – Gottes Erbarmen gefunden. So sind nun auch sie ungehorsam geworden, damit sie dadurch, dass ihr Gottes Erbarmen gefunden habt, jetzt ebenso Erbarmen finden. Denn Gott hat alle zusammen zu Gefangenen ihres Ungehorsams gemacht, weil er allen sein Erbarmen schenken will. Wie unermesslich reich ist Gottes Weisheit, wie abgrundtief seine Erkenntnis! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat jemals die Gedanken des Herrn erkannt, wer ist je sein Berater gewesen? Wer hat ihm je etwas gegeben, das Gott ihm zurückgeben müsste? Denn von ihm kommt alles, durch ihn steht alles und zu ihm geht alles. Ihm gebührt die Ehre für immer und ewig! Amen.
Römer 11,30-36

Paulus kommt ans Ende dieses Kapitels und des Mittelteils des Briefs (9-11). Noch einmal wird der Weg Israels und der Heidenvölker zusammengefasst. Dabei wird die Gnade und Barmherzigkeit Gottes eindrucksvoll herausgestellt. Paulus gibt seiner Ehrfurcht Ausdruck, die er empfindet, wenn er Gottes unermessliche Weisheit in den Lobpreis bringt. Sie ist vom menschlichen Verstand nur zum geringen Teil erfassbar. Doch es reicht, so Paulus, wenn wir anerkennen, dass alles von Gott geschaffen ist, und wenn wir IHM alle Ehre dafür zukommen lassen. Wunderbar ist sein Handeln mit Israel und allen Nationen.

Vielen Bibellesern erscheint dieser Mittelteil des Römerbriefs eher mühsam zu lesen. Das theoretische Argumentieren steht hier offenbar im Vordergrund. Aber Paulus war es wichtig, im Verhältnis von Israel und den Heidenvölkern Gottes souveränes Handeln sehr ausführlich darzulegen. Wir können dabei lernen, dass wir einen Fehler machen, wenn wir alles auf die Frage der Auserwählung Gottes reduzieren, wie es Calvin getan hat, der dem Menschen keinerlei aktive Rolle zugesteht. Niemand wird von vornherein von Gott verstoßen, alle haben wir eine große Chance, uns zu bekehren. Nach diesem Teil mit den theoretischen Überlegungen geht es im letzten Teil des Römerbriefs 12-16 um praktische Auswirkungen der Rettung Israels und der Heidenvölker.

Gottes Gerechtigkeit und menschlicher Zweifel

Und damit ihr euch nichts auf eure Klugheit einbildet und falsche Schlüsse daraus zieht, will ich euch das folgende Geheimnis bekannt machen: Ein Teil von Israel hat sich verhärtet. Aber das gilt nur so lange, bis die volle Zahl von Menschen aus den anderen Völkern zum Glauben gekommen ist. Israel als Ganzes wird dann so gerettet werden, wie geschrieben steht: „Aus Zion wird der Retter kommen, der alle Gottlosigkeit von Jakobs Nachkommen entfernt. Und das ist mein Bund für sie, wenn ich ihre Sünden von ihnen nehme.“ Ihre Einstellung zum Evangelium macht sie zwar zu Feinden – was euch zugutekommt –, aber von der Erwählung her gesehen sind sie Geliebte – wegen ihrer Stammväter. Denn Gott nimmt seine Gnadenerweise nicht zurück und bereut seine Berufungen nie.
Römer 11,25-29

Die Bedeutung dieser Zeilen in aller Kürze: Das Evangelium wird immer noch den Nationen verkündigt. Erst wenn es bis in den letzten Winkel der Erde vorgedrungen ist, und alle Heidenvölker die Möglichkeit zur Umkehr gehabt haben, wird die volle Rettung Israels zuteilwerden, weil Gott seine Zusagen einhält.

Jetzt wird so mancher sagen: „Das klingt alles schlüssig. Aber nur, wenn man nicht so genau hinschaut. Wie steht es da mit der Gerechtigkeit, wenn nicht alle die gleichen Chancen hatten? Sind und waren nicht viele zur falschen Zeit am falschen Ort?“ Für diese immer wieder geäußerten Zweifel gibt es in der Bibel nicht wenige Stellen, die dafür eine hinreichende Erklärung liefern. Ich will hier nur auf Römer 1,19-20 verweisen:

Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es mit Vernunft wahrnimmt, an seinen Werken ersehen. Darum haben sie keine Entschuldigung.

Wir dürfen sicher sein, dass Gott kein Despot ist, der sich für oder gegen jemand entscheidet, gerade wie seine Laune ist. Wer hier ein Problem mit diesen Fragen hat, dem bleibt die Wahl, immer neue Argumente zu finden, um nachzuweisen, dass Gott willkürlich handelt – oder er macht seinen Frieden damit und vertraut darauf, dass ER ein gerechter Richter sein wird. Dieses Gericht über uns wird es geben, so wie es geschrieben steht:

Vor dem Thron aber sah ich die Toten stehen, vom Größten bis zum Kleinsten. Es wurden Bücher aufgeschlagen, in denen alle Taten aufgeschrieben sind, und dann noch ein anderes Buch: das Buch des Lebens. Anschließend wurde Gericht über die Toten gehalten. Jeder bekam das Urteil, das seinen Taten entsprach.
Offenbarung 20,12