Andacht Heute

Verzicht auf Vergeltung

Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Bemüht euch um ein vorbildliches Verhalten gegenüber jedermann! Soweit es irgend möglich ist und soweit es auf euch ankommt, lebt mit allen Menschen in Frieden!
Römer 12,17-18

Wenn der Ruf nach Rache laut wird, will man Genugtuung für begangenes Unrecht erlangen. Dies wird auf diesem Wege nie vollständig gelingen. Die Blutrache ist eine extreme Form einer privaten Vergeltung, die in manchen Ländern noch heute praktiziert wird. Wenn man der Meinung ist, dass die Ehre der Familie oder einer Verbrecherbande verletzt wurde, wird zu diesem Mittel gegriffen. Es hat häufig zu endlosen Konflikten geführt.

Paulus mahnt in den Versen von oben alle Christen, das Prinzip der Vergeltung ruhen zu lassen. Gottes Gerechtigkeit wird allen Übeltätern und auch allen zuteilwerden, die Milde walten lassen. Der Staat muss seine Bürger durch die Justiz beschützen. Hier muss es Strafen geben. Wer Unrecht erleiden musste, ohne dass der Staat eingeschritten ist, hat nicht das Recht zur Selbstjustiz. Im Alltag begegnen uns meist leichtere Fälle. Wir müssen dabei nicht über alles hinwegsehen und schweigen. Unrecht soll als solches benannt werden. Christen haben aber die Möglichkeit, vorbildlich zu handeln. Dazu gehört auch der Verzicht auf Vergeltung.

Nur eine Kindergeschichte?

Daniel hatte an seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem, und er fiel dreimal am Tag auf seine Knie, betete, lobte und dankte seinem Gott.
Daniel 6,11

In keiner Kinderbibel fehlt die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Sie zeigt die beeindruckende Macht des einzigen Gottes und die Unerschütterlichkeit des Glaubens eines Menschen. Sie ist auch ohne Kommentar gut verständlich. Daniel hat gegen das Gesetz von König Darius verstoßen, das die Anbetung von Göttern außer ihm verbieten sollte. Er wird daraufhin in die Löwengrube geworfen. Am anderen Morgen ist Daniel unversehrt. Der König ist beeindruckt und lässt dessen Feinde töten und das erste biblische Gebot gesetzlich verankern: „Er ist der lebendige Gott, der ewig bleibt, und sein Reich ist unvergänglich und seine Herrschaft hat kein Ende.“

Die Geschichte Daniels wiederholt sich auch in anderer Form aktuell. Viele Christen nehmen für ihren Glauben Diskriminierung, Verfolgung und sogar den Tod auf sich.
Laut Wikipedia gilt das Christentum weltweit als die am stärksten unterdrückte Religionsgemeinschaft. „Das christliche Hilfswerk Open Doors gibt an, dass weltweit mehr als 360 Millionen Christen in etwa 60 Ländern wegen ihres Glaubens von Misshandlungen, Folter, Vergewaltigung, Gefängnis oder Tod bedroht seien, beziehungsweise wegen ihres Glaubens benachteiligt und diskriminiert würden.“

Wir hören aus den Medien viel über Diskriminierung von Frauen, Rassismus und Benachteiligung sexueller Minderheiten. Ist es aber nicht auch auffallend, dass die Verfolgung von Christen keineswegs so stark im Fokus steht? Dazu wieder Wikipedia: „Als das Unheimlichste am Phänomen bezeichnet Die Weltwoche die globale Stille darüber… David B. Barrett vom Center for the Study of Global Christianity schätzt, dass es pro Jahr 100.000 christliche Märtyrer gibt.“

Wir können uns die Frage stellen, wie wir uns in ihrer Situation verhalten würden. Wir, die wir in einem Land mit Religionsfreiheit schon Bedenken haben, wenn wir sagen sollen, dass wir gläubige Christen sind. Beten wir für alle, die in der ganzen Welt für ihre Glaubenstreue verfolgt werden!

Pharisäer und andere Sünder

Und als die Schriftgelehrten der Pharisäer ihn mit den Sündern und Zöllnern essen sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Mit den Zöllnern und Sündern isst er?
Und Jesus hörte es und spricht zu ihnen: Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Markus 2,16-17

Das Pharisäertum hatte sich schon vor der Zeit von Jesus zu einer Bewegung entwickelt, der es vor allem um Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Gesetzestreue ging. Rabbiner beschäftigten sich damit, möglichst alle Fälle des Alltags zu durchleuchten und in ein enges Regelwerk zu verankern. So entwickelte sich eine fromme Elite, die sich als „Gerechte“ fühlten und sich vom gemeinen Volk, den „Sündern“ abhob. Sie waren es, die Jesus mit ihren Spitzfindigkeiten in die Enge treiben wollten. Mit dem Ergebnis, dass ihre Selbstgerechtigkeit jedes Mal schonungslos aufgedeckt wurde. Sie wirkten nur nach außen hin gesund und stark. Bei dem, was sich vor ihren Augen vollzog, versagten sie völlig und zogen sich in ihre Gelehrsamkeit zurück, die im Grunde nur ihr Defizit verbergen sollte: Der Sohn Gottes stand vor ihnen, und sie konnten mit diesem außerordentlichen Ereignis nichts anfangen. Den Gegensatz zu ihnen bildete das einfache Volk, das diesen natürlichen Zugang zur Wahrheit noch hatte. Diesem wandte sich Jesus zu. Hier fand ER Sünder, die sich bekehrten und Buße taten und IHM nachfolgten.

Das Beispiel der Pharisäer sollte allen, die sich mit theologischen Problemen beschäftigen, eine Warnung sein. Allzu leicht kann man sich in seiner Erkenntnisfreude in eine Art von Besserwisserei vergaloppieren. Unser von Gott geschenkter Verstand bedarf dringend der Mäßigung durch die Demut. Wir sind und bleiben Sünder vor Gott, auch wenn uns der eine oder andere Erkenntnisgewinn gelingt. Für mich, der ich auf diesem Wege täglich meine Anmerkungen zu Texten der Bibel veröffentliche, damit ich selbst und vielleicht der eine oder andere Leser sie besser verstehen kann, gilt das in gleichem Maße wie für alle, die sich in diesem Sinne bemühen. Ich will dankbar dafür sein, wenn mich der HERR ermahnt, wenn ich Gefahr laufe, selbstgerecht und pharisäerhaft zu werden.