Andacht Heute

Das allgemeine Priestertum

IHM, der uns liebt und uns durch sein Blut von unseren Sünden gereinigt hat; IHM, der uns zu einem Königsvolk gemacht hat, zu Priestern für seinen Gott und Vater: Ihm sei Ehre und Macht für immer und ewig! Amen.
Offenbarung 1,5-6

Jesus Christus hat alle, die IHM nachfolgen, zu Priestern gemacht für seinen Gott und Vater. Bei den verschiedenen Glaubensgemeinschaften ist diese Aufforderung an alle Gläubigen mittlerweile anerkannt, wenn sie auch durch die Präsenz der eingesetzten Hauptamtlichen oft in den Hintergrund gerät. Viele werden sagen: Wie soll ich selbst Priester sein, wenn es dafür Leute gibt, die dafür bezahlt werden? Man könnte erwidern: Weil Gott es von allen Gläubigen so will.

Bei den frühen Christen gab es keine Pfarrer. Martin Luther sprach vom Priestertum aller Getauften und von der Wahrnehmung priesterlicher Aufgaben wie gegenseitiger Fürbitte und Tröstung. Später nahm die Einübung dieser Praxis durch Zusammenkünfte mit gemeinsamer Bibellese und gegenseitiger geistlicher Unterstützung in Freikirchen und Hausgemeinden zu. Wenn also dieser Dienst inzwischen allgemein anerkannt ist und vor allem durch Gott von uns gefordert wird, dann sollten wir ihn auch ernst nehmen. Beten wir also für Menschen in Not, sorgen wir uns um ihr Heil und begleiten wir sie seelsorgerlich in allen Lebenslagen.

Ausharren und Hoffen

Ich harre auf den HERRN, meine Seele harrt, und ich hoffe auf sein Wort. Meine Seele harrt auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen, mehr als die Wächter auf den Morgen.
Psalm 130,2-6

Dieser Psalm ist ein Wallfahrtslied. Man kann sich in die Situation hineinversetzen, wenn Hirten auf das Aufgehen der Sonne warten, wenn Wächter einer Stadt sich nach dem Morgen sehnen, wenn Pilger in den Tag hinein gehen. So ist es auch im Leben eines Gläubigen, der in dieser Welt unter dunklen Stunden leidet und sich nach dem Licht der Ewigkeit sehnt. Bis dahin bleibt uns allen die Verheißung des HERRN, die unsere Seele geduldig warten lässt. Wenn die Worte über das Ausharren wortwörtlich wiederholt werden, dann ist das kein Druckfehler. In poetischer Weise wird damit ausgedrückt, dass sich dies im Leben stets wiederholt, wie bei den Wächtern, jeden Morgen aufs Neue.

Die eigene Tüchtigkeit

Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott.
2. Korinther 3,5

Wenn ich mich selbst beobachte, wie ich an einen einzelnen Bibelvers herangehe, dann versuche ich zuerst, den Kontext zu klären. In diesem Fall stammt der Satz aus dem zweiten Schreiben von Paulus an die Korinther. Der Apostel hat im ersten Brief, dem sogenannten „Tränenbrief“ auf vielerlei Probleme in dieser Gemeinde hingewiesen und hatte offenbar noch nicht erfahren, wie die Reaktion auf ihn war. So sandte er ein zweites Schreiben, in dem er von seiner aktuellen Reise und dem mit ihr verbundenen Verkündigungsdienst berichtete. Diesen stellte er als etwas Herrliches heraus und bezeichnete es als ein Schreiben in die „fleischerne Tafeln des Herzens“ der Menschen, denen er das Evangelium nahebringen darf (3,3). Im obigen Vers verdeutlichte er, dass dabei keinesfalls seine eigene Tüchtigkeit im Vordergrund steht, sondern alle Fähigkeiten für diesen Dienst einzig von Gott stammen. Wenn im umgebenden Text Metaphern – wie die vorhin erwähnte – auftauchen, dann dienen sie zur Veranschaulichung des geistigen Gehalts. Bei deren Interpretation sollte man aufpassen, dass man in den vorhandenen Text nicht zu viel hineinträgt an Erzeugnissen aufkeimender Assoziationslust. Auch dies wäre eine Überschätzung des eigenen Vermögens, die im Vers von Paulus angesprochen wird.