Andacht Heute

Wir Alten mit unseren Sorgen

Verlass mich nicht im Alter, mein Gott, auch nicht, wenn ich ein Greis mit weißen Haaren bin. Denn noch der Generation nach mir möchte ich verkünden, wie du eingreifst; allen, die noch kommen, will ich von deiner Macht erzählen.
Psalm 71,18

In diesem Klagelied eines alternden Menschen geht es mal nicht um die typischen Beschwerden, über die man sich mit Altersgenossen im Wartezimmer des Arztes unterhält, also um Krankheiten und Gebrechen. Hier geht es dem Psalmisten um seine Sorge, im Alter nicht mehr für den Herrn arbeiten zu können. Wenn Körper und Geist nicht mehr mitspielen, geht die Möglichkeit verloren, den Glauben an die nächste Generation weiterzugeben. Deshalb ist es wichtig, Gott treu zu dienen, solange man es noch kann. Wer im Rentenalter ist, hat mehr Zeit, die er für das Studium der Bibel, für Gebet und Gemeinschaft mit Christen nutzen sollte. Es ist sehr erfreulich zu sehen, wie das eigene Glaubensleben im Alter intensiver wird und wir über unsere daraus gewonnenen Erkenntnisse den Jungen berichten können. Zwar leben wir heute in einer Gesellschaft, in der man den Eindruck hat, dass die Jungen sich nicht mehr von den Alten belehren lassen wollen. Man wirft zum Beispiel unserer Generation vor, den Klimawandel mitverursacht zu haben, also brauche man auch nicht auf uns zu hören. Wir sollten uns aber nicht in den Schmollwinkel zurückziehen, sondern uns aktiv mit den aktuellen Geschehnissen auseinandersetzen und uns mit altbewährten, aber auch neuen, frischen Ideen in die Diskussion einbringen. Nur so können wir jungen Menschen überzeugend vorleben, wie der Glaube helfen kann, in einer Welt voller Sorgen und Verwirrung Trost und Hoffnung in Gott zu finden. Das ist bei uns zu sehen in der gewachsenen Fähigkeit zur Versöhnung mit der Vergangenheit, zur Vergebung und zur Offenheit für Neues. Und nicht zuletzt zeigt es sich in unserer freudigen Erwartung dessen, was noch kommen wird, wenn alle Verheißungen der Bibel sich eines Tages erfüllen werden.

Wenn immer nur der Andere krank ist

Er wurde verachtet, von allen gemieden. Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet.
Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden ließ, weil er es verdient hatte.

Jesaja 53,3-4

Offensichtlich handelt es sich hier um einen Kranken, der von der Gemeinschaft verachtet wurde. Man war wohl lange Zeit der irrigen Meinung, er müsse die Strafe Gottes für seine Verfehlungen ertragen. Aber das Volk hat einen Läuterungsprozess durchgemacht, es sieht nun seine eigenen Sünden: Verachtung, Lieblosigkeit, Selbstbeweihräucherung, mangelndes Einfühlungsvermögen. All das, was leider in jeder Gesellschaft vorkommt, auch in unserer. Heute lässt man es nicht mehr zu, dass der Mitmensch eine andere Meinung hat und wirft ihm vor, dass seine Meinung krank sei, ohne sich zu fragen, was an der eigenen Einstellung falsch sein könnte.

Jesaja war ein großer Prophet. Es liegt nahe, dass er mit dem Leidenden in diesem Text Jesus gemeint hat. Da ist einer, der kommen wird, um die Sünden der Menschheit auf sich zu nehmen. Einer, der in für diesen, in der Geschichte einmaligen Gnadenakt sogar verachtet wurde und bis heute verachtet wird. Aber nur von denen, die nicht erkennen können oder wollen, dass sie selbst krank sind. Es gibt nur einen Arzt, der uns in dieser Not helfen kann. Sein Name ist Jesus, der Messias.

Der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
1. Petrus 2,24

Gottes Wille oder unser eigener?

Deshalb können wir auch voller Zuversicht sein, dass Gott uns hört, wenn wir ihn um etwas bitten, das seinem Willen entspricht.
1. Johannes 5,14

Es scheint, als müssten wir in unseren Bitten eine Art Vorauswahl treffen. Es sollte im Willen Gottes sein, wonach wir uns sehnen. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich mir gemerkt habe, weil sie aufschlussreich ist, obwohl sie auf den ersten Blick nichts mit unserem christlichen Glauben zu tun hat. Da geht ein Sterbenskranker zu einem indianischen Medizinmann und fragt ihn, ob er ihm helfen könne. Der schaut ihn an und stellt ihm eine Gegenfrage: „Wozu willst du geheilt werden? Du kannst nur gesund werden, wenn du genau weißt, was du als Gesunder tun willst.“ Das ist keine Schamanenweisheit, die hier zum Ausdruck kommt. Auch als Christen sollten wir uns beim Beten überlegen, wofür wir göttlichen Beistand erbitten. Um ein Beispiel für ein rein egoistisches Anliegen zu nennen: Glauben wir wirklich, dass der Herr uns aus einer finanziellen Notlage heraushilft, nur damit wir danach genauso konsumorientiert weiterleben können wie bisher? Etwas anderes ist es, wenn wir dafür beten, dass wir uns von ganzem Herzen nach Gesundheit sehnen, um Gott dienen zu können. Wir sollten also viel mehr darüber nachdenken, was wir mit der Befreiung aus finanzieller Not oder der wiedergewonnenen Gesundheit anfangen würden. Es geht nicht nur darum, unsere Gebete zu verbessern, um ihre Erfolgschancen zu erhöhen. Wenn wir darüber nachdenken, was Gott zu unseren Bitten sagt, werden wir eine dringend notwendige Neuorientierung für uns selbst erfahren.

„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“
Matthäus 7,21