Andacht Heute

Wenn immer nur der Andere krank ist

Er wurde verachtet, von allen gemieden. Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet.
Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden ließ, weil er es verdient hatte.

Jesaja 53,3-4

Offensichtlich handelt es sich hier um einen Kranken, der von der Gemeinschaft verachtet wurde. Man war wohl lange Zeit der irrigen Meinung, er müsse die Strafe Gottes für seine Verfehlungen ertragen. Aber das Volk hat einen Läuterungsprozess durchgemacht, es sieht nun seine eigenen Sünden: Verachtung, Lieblosigkeit, Selbstbeweihräucherung, mangelndes Einfühlungsvermögen. All das, was leider in jeder Gesellschaft vorkommt, auch in unserer. Heute lässt man es nicht mehr zu, dass der Mitmensch eine andere Meinung hat und wirft ihm vor, dass seine Meinung krank sei, ohne sich zu fragen, was an der eigenen Einstellung falsch sein könnte.

Jesaja war ein großer Prophet. Es liegt nahe, dass er mit dem Leidenden in diesem Text Jesus gemeint hat. Da ist einer, der kommen wird, um die Sünden der Menschheit auf sich zu nehmen. Einer, der in für diesen, in der Geschichte einmaligen Gnadenakt sogar verachtet wurde und bis heute verachtet wird. Aber nur von denen, die nicht erkennen können oder wollen, dass sie selbst krank sind. Es gibt nur einen Arzt, der uns in dieser Not helfen kann. Sein Name ist Jesus, der Messias.

Der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
1. Petrus 2,24

Gottes Wille oder unser eigener?

Deshalb können wir auch voller Zuversicht sein, dass Gott uns hört, wenn wir ihn um etwas bitten, das seinem Willen entspricht.
1. Johannes 5,14

Es scheint, als müssten wir in unseren Bitten eine Art Vorauswahl treffen. Es sollte im Willen Gottes sein, wonach wir uns sehnen. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich mir gemerkt habe, weil sie aufschlussreich ist, obwohl sie auf den ersten Blick nichts mit unserem christlichen Glauben zu tun hat. Da geht ein Sterbenskranker zu einem indianischen Medizinmann und fragt ihn, ob er ihm helfen könne. Der schaut ihn an und stellt ihm eine Gegenfrage: „Wozu willst du geheilt werden? Du kannst nur gesund werden, wenn du genau weißt, was du als Gesunder tun willst.“ Das ist keine Schamanenweisheit, die hier zum Ausdruck kommt. Auch als Christen sollten wir uns beim Beten überlegen, wofür wir göttlichen Beistand erbitten. Um ein Beispiel für ein rein egoistisches Anliegen zu nennen: Glauben wir wirklich, dass der Herr uns aus einer finanziellen Notlage heraushilft, nur damit wir danach genauso konsumorientiert weiterleben können wie bisher? Etwas anderes ist es, wenn wir dafür beten, dass wir uns von ganzem Herzen nach Gesundheit sehnen, um Gott dienen zu können. Wir sollten also viel mehr darüber nachdenken, was wir mit der Befreiung aus finanzieller Not oder der wiedergewonnenen Gesundheit anfangen würden. Es geht nicht nur darum, unsere Gebete zu verbessern, um ihre Erfolgschancen zu erhöhen. Wenn wir darüber nachdenken, was Gott zu unseren Bitten sagt, werden wir eine dringend notwendige Neuorientierung für uns selbst erfahren.

„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“
Matthäus 7,21

Appelle an unsere Spendenbereitschaft

Er bemerkte auch eine ärmlich gekleidete Witwe, die zwei kleine Kupfermünzen hineinwarf. Da sagte er: »Ich versichere euch, diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen. Sie alle haben ihre Gaben aus ihrem Überfluss gegeben; diese Frau aber, so arm sie ist, hat alles gegeben, was sie besaß – alles, was sie zum Leben nötig hatte.«
Lukas 21,2

Was Lukas hier von der armen Witwe erzählt, ist schon oft als Vorbild für alle Spender herangezogen worden. Die Reichen sollten sich schämen, wenn sie nur einen kleinen Teil ihres Vermögens abgeben wollen. Aber schämen sollten sich auch alle Nutznießer der Spendenbereitschaft, also auch Kirchen, die Geld für ihre Großprojekte und für die Entlohnung der Schar ihrer Angestellten brauchen. Was sind solche Appelle an die Opferbereitschaft der Mitglieder wert, wenn sich dahinter massive materielle Interessen verbergen? Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das gestrige Bibelwort aus den Sprüchen: „…der HERR jedoch prüft die wahren Absichten und Beweggründe“. Was jeder gibt, muss ihm selbst überlassen bleiben. Es steht niemandem zu, andere dahingehend zu beeinflussen, noch mehr zu geben. Nur die Bitte um eine Gabe ist erlaubt.

Ein jeder, wie er’s sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.
2. Korinther 9,7