Das Priesteramt des Paulus

Was euch aber betrifft, meine Geschwister, bin ich überzeugt, dass ihr mit allem Guten erfüllt seid. Es mangelt euch an keiner Erkenntnis, und ihr seid auch fähig, euch gegenseitig zu ermahnen. Ich habe euch teilweise recht offen geschrieben, weil ich euch einiges in Erinnerung rufen wollte. Gott hat mich in seiner Gnade ja berufen, ein Diener von Jesus Christus unter den nichtjüdischen Völkern zu sein. Wie ein Priester im Dienst der guten Nachricht Gottes arbeite ich darauf hin, dass sie eine Opfergabe werden, an der Gott Freude hat, weil sie durch den Heiligen Geist geheiligt ist.
Römer 15,14-16

Paulus kommt in diesem langen Brief an die Römer langsam zum Ende. Das Schreiben ist sehr umfangreich geworden und vielleicht war ihm daran gelegen, dass kein falscher Eindruck entstehen sollte. Er wollte nicht, dass sich die römischen Christen nach der Lektüre vorkämen, als wären sie noch sehr weit entfernt von aller Erkenntnis, und er würde sie nicht für fähig halten, sich gegenseitig ermahnen zu können. Paulus war allerdings der Meinung, dass es auch für seine Geschwister in Rom notwendig wäre, sich ständig an die Grundlagen des Glaubens zu erinnern. Damit rechtfertigt er auch die Länge des Briefs und die ständigen Wiederholungen. Vom römischen Dichter Horaz stammt das Wort: Repetitio est mater studiorum – Wiederholung ist die Mutter der Studien.

Wenn Paulus sich als Priester im Dienst des Evangeliums bezeichnet, dann betont er die Aufgabe, Gott ein Opfer zu bringen. Wir wissen, dass dies nach dem Opfertod Jesu real nicht mehr nötig ist. Aber Paulus benutzt dieses Bild, um die Position Gottes zum Ausdruck zu bringen. Zu häufig sehen wir in Bezug auf Evangelisation nur uns Menschen, denen eine große Chance geschenkt wird. Paulus blickt aber auf Gott und sein heiliges Recht. Wir sollen uns bewusstwerden, dass wir zu IHM als Schöpfer und als willige Opfer in sein Reich zurückkommen. Im Griechischen wird als Bezeichnung eines Dieners unterschieden zwischen leitourgos (Staatsdiener, wie hier) und doulos (Sklave). Wie die Athener Bürger, denen ein Staatsamt übertragen wurde, war sich Paulus dieser Ehre und seiner Verantwortung bewusst. Was in diesem Kapitel 15 noch folgt, sind seine Pläne für die Missionsreise in den Westen, auch nach Rom.