Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
2. Timotheus 1,7
Dieser späte Brief des Paulus an seinen Schüler Timotheus aus Ephesus sollte ihn auffordern, den Kampf mit den Irrlehrern in seiner Gemeinde aufzunehmen. Diese hatten zu Spaltungen unter den Gläubigen geführt, indem sie mit ihrem gottlosen Geschwätz und ihren Wortklaubereien und Haarspaltereien für Streit gesorgt hatten. Offenbar war dem Paulus der junge Timotheus nicht energisch genug im Kampf für den richtigen Glauben. Er appellierte jetzt an seinen Geist, der ihm von Gott gegeben wurde und sich durch Kraft, Liebe und Besonnenheit auszeichnet. Letzteres wird in manchen Übersetzungen mit „Zucht“ ausgedrückt. Sophronismos bezeichnet einen Verstand, der gesund und gesammelt ist. Mit sophron wird jemand gekennzeichnet, der seine eigene Freiheit und seine Möglichkeiten durch richtiges Denken begrenzt und seine Leidenschaften und Begierden zügelt. In diesem Sinne züchtigt er sein Gedanken um der Wahrheit willen. Im Gegensatz dazu steht der hybristes, ein Frevler, dessen Handeln hochmütig und überheblich ist. Er ist nicht selbstkritisch, sondern nur von sich eingenommen. An seinen Verstand zu appellieren hat meist wenig Erfolg. Natürlich fehlt es so einem Menschen auch an Liebe zum Mitmenschen, da er sich nicht die Mühe machen wird, sich in sie hineinzuversetzen, weil er meint, alles besser zu wissen.
Es ist nun im Alltag und bei Konflikten nicht immer leicht zu erkennen, ob jemand mehr zu sophronistischem oder mehr zu hybrischem Denken neigt. Sehr schwer ist es auch, wenn man sich selbst einschätzen soll. Ein Christ hat aber die Möglichkeit, täglich sein Verhalten und das der anderen anhand der Schrift daraufhin zu prüfen, ob es dem Willen Gottes entspricht. Dies ist der beste Schutz, um nicht der Überheblichkeit zu verfallen. Treffen wir auf selbstverliebte Besserwisser, die uns zu schaffen machen – und das ist nicht selten der Fall -, dann gibt uns Paulus Hinweise, wie wir mit ihnen umgehen können:
Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein, lehrfähig, duldsam, und die Widersacher in Sanftmut zurechtweisen ⟨und hoffen⟩, ob ihnen Gott nicht etwa Buße gibt zur Erkenntnis der Wahrheit und sie wieder aus dem Fallstrick des Teufels heraus nüchtern werden, nachdem sie von ihm gefangen worden sind für seinen Willen.
2. Timotheus 24-26