Wenn wir behaupten, ohne Sünde zu sein, betrügen wir uns selbst und verschließen uns der Wahrheit. Wenn wir unsere Sünden eingestehen, zeigt Gott, wie treu und gerecht er ist: Er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von jedem begangenen Unrecht.
Johannes 1,8-9
Wir leben in einer Zeit, in der es für Menschen in der Öffentlichkeit gefährlich geworden ist, eine unbedachte Äußerung zu tun, weil sie sich damit ins politische und gesellschaftliche Aus manövrieren können. Unsere Medienvertreter werden nicht müde, jeden gnadenlos zu verfolgen, der sich einmal „versündigt“ hat und gegen Gesetze des Haltungsjournalismus verstoßen hat. Wie ist man über die Schriftstellerin Sybille Lewitscharoff hergefallen, als sie sich in einer Rede in angreifbarer Form zur Praxis der Künstlichen Befruchtung geäußert hat? Welcher Aufschrei ging durch die Presse über eine anzügliche Bemerkung, die er zu später Stunde in einer Hotelbar losgelassen hatte? Es sind Beispiele für die Gnadenlosigkeit unserer Presse, die verbale Ausrutscher zu etwas Unverzeihlichem macht und Menschen regelrecht vernichten kann. Das Ergebnis sind Prominente, die sich zehnmal überlegen, was sie sagen, um nur ja nicht in ein Fettnäpfchen zu treten. Unser derzeitiger Kanzler ist ein Prototyp eines Politikers, der ständig um Fehlerlosigkeit bemüht ist, sich nie festlegen lässt und dessen Hang zum Nichtssagen jetzt schon legendär ist.
In Bezug auf die Sündhaftigkeit des Menschen will Johannes uns darauf hinweisen, dass wir nicht heucheln sollen. Niemand wird es gelingen, so perfekt zu leben, dass er sich nicht schuldig machen wird. Er meint damit weniger, die täglichen kleinen Vergehen, die uns unterlaufen. Es geht ihm darum, den Adressaten die grundsätzliche Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wollen und Können in Bezug auf das Leben mit Gott klarzumachen. Wir sollen uns nichts vormachen, immer werden wir der Sünde ausgesetzt sein, weil wir die Nähe zu IHM nicht ständig aufrechterhalten können. In diesem Sinne begehen wir die eigentliche Sünde. Nur wenn wir sie nicht vertuschen wollen und bereit sind, unsere Unzulänglichkeit offen einzugestehen, können wir auf Vergebung hoffen. Johannes weist uns darauf hin, dass uns dabei der größte Fürsprecher hilft, den es geben kann:
Meine lieben Kinder, ich schreibe euch das, damit ihr nicht sündigt. Wenn es aber doch geschieht, sollt ihr wissen: Wir haben Jesus Christus, der beim Vater für uns spricht.
Johannes 2,1