Aber was mich betrifft, ist es egal, ob ich von euch oder irgendeinem menschlichen Gericht beurteilt werde. Ich beurteile mich ja nicht einmal selbst. Zwar bin ich mir keiner Schuld bewusst, aber dadurch bin ich noch nicht gerecht gesprochen; der Herr ist es, der über mich urteilt.
1. Korinther 4,3-4
Paulus hatte bei den Korinthern keinen leichten Stand. Es gab Leute unter ihnen, die ihn nicht nur kritisierten, sondern sogar verachteten. Dennoch war er gegenüber solchen Angriffen bemerkenswert resilient, wie man heute gerne sagt. Übertragen auf die menschliche Psyche bezeichnet Resilienz die Fähigkeit, belastende Lebensumstände zu meistern und mit negativen Ereignissen gut umgehen zu können. Paulus wusste, dass alle Urteile über ihn nichts bedeuten. Am Ende zählt nur das Urteil des Herrn. Interessanterweise misstraute er auch seinen eigenen Urteilen über sich selbst.
Das kann ein Trost sein für alle, die gerne hart mit sich ins Gericht gehen und sich ständig mit Schuldgefühlen quälen. Helfen kann mir allein schon die Erkenntnis, dass nicht nur ich ein Sünder bin, wir alle sind es. Und wir alle sind auf die Gnade Gottes angewiesen. Ich spreche hier nicht von Taten, bei denen andere für alle sichtbar verletzt wurden. Da geht es natürlich um Wiedergutmachung, zumindest in Form einer Entschuldigung. Ich denke eher an das Gegenteil von Resilienz, nämlich an eine permanente Empfindlichkeit im Alltag, weil wir ständig befürchten, von anderen negativ beurteilt zu werden. Nach einem festlichen Abend kommen einem vielleicht Gedanken wie diese: War ich für diesen Anlass angemessen gekleidet? Habe ich dem Kellner genug Trinkgeld gegeben? Habe ich etwas Falsches gesagt, weil mein Gesprächspartner plötzlich so kurz angebunden war? Die Sensiblen unter uns kennen das. Was können wir gegen diese Neigung tun, ständig nach Schuld zu suchen und sich selbst das Leben schwer zu machen? Werden wir widerstandsfähiger gegen das, was andere über uns denken. Und halten wir es vor allem mit dem Apostel Paulus: Überlassen wir das Urteilen über uns ganz allein dem Herrn.