Andacht Heute

Zur Bedeutung des Abendmahls

Im weiteren Verlauf des Essens nahm Jesus Brot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und gab es den Jüngern mit den Worten: „Nehmt und esst, das ist mein Leib.“ Dann nahm er einen Becher mit Wein, sprach ein Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sagte: „Trinkt alle daraus! Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird.“
Lukas 26,26-28

Am Freitag, dem 14. März 1522 hielt Martin Luther seine sechste Invokavitpredigt. Es war ihm ein großes Anliegen, den Zuhörern klar zu machen, dass es nicht damit getan ist, routinemäßig am Abendmahl teilzunehmen, um einer religiösen Pflicht nachzukommen. „Das macht aber noch keinen Christenmenschen“, wie er sagte. Er bemühte dazu das drastische Bild einer Maus, die auch vom nichtverzehrten Brot fressen und vom übriggebliebenen Wein trinken könnte. Es würde niemand auf die Idee kommen, sie daraufhin als Christ zu bezeichnen. Es muss das Entscheidende hinzukommen, und das ist der Glaube an Jesus Christus.

Luther machte auch keinen Hehl daraus, dass dieser Glaube, wenn er denn ein echter ist, auch angefochten wird. Es kann sein, dass wir nicht immer fähig sind, das Abendmahl zu empfangen, weil wir in einer tiefen Krise stecken, weil wir uns in einem Gewissenskonflikt befinden oder uns schwach fühlen als Sünder. Wir erleben vielleicht, wie andere Kirchengänger „frech hinzulaufen, so huschhusch, ohne alle Furcht und Demut“ und schnell mal ihre Pflicht erfüllen, während wir auf der Bank sitzen bleiben, weil wir uns nicht würdig fühlen. Dazu bringt Luther am Ende seiner Predigt die Stelle, als Jesus sagt, dass sich im Kreise seiner Jünger ein Verräter befindet. Wir müssen uns vorstellen, was das in den elf schuldlosen Anwesenden ausgelöst hat. Sicher waren es Gedanken wie: ‚Meint der HERR jetzt mich? Werde ich immer treu zu ihm stehen? Würde ich ihn verraten?‘ Und gerade in dieser Not, da die Jünger an ihrem Glauben zweifelten, genau da setzte Jesus Christus das Abendmahl ein, wie es Lukas beschreibt. Luther: „Und als er sie alle recht beben, zittern und betrübt gemacht hatte usw., da setzte er erst das hochwürdige Sakrament ein zu einem Trost und tröstet sie wieder damit, daß dies Brot ein Trost der Betrübten sei, eine Arznei für Kranke, ein Leben für Sterbende, eine Speise für alle Hungrigen und ein reicher Schatz für alle Armen und Bedürftigen. „

Die ganze sechste Invokativpredigt als pdf

Die Abendmahlfrage

Und er nahm das Brot, dankete und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!
Lukas 22,19

In Wittenberg war der radikale Reformator Karlstadt dazu übergegangen, die Realpräsenz Christi im Abendmahl in Frage zu stellen und den Gläubigen eine andere Praxis vorzuschreiben. Dazu trug er ein Laiengewand, sprach die Einsetzungsworte auf Deutsch, hob die Hostie nicht in die Höhe und gab sie den Gläubigen mit dem Kelch in die Hand. Das war für viele, die an den katholischen Ritus gewöhnt waren, eine Zumutung, und sie empörten sich. Luther mahnte in seiner fünften Invokativpredigt zur Mäßigung. Er war dafür, dass man Rücksicht nehmen sollte. „Darum lasset ab davon, das bitte ich euch.“ Die weitere Reformationsgeschichte zeigt, dass es gerade an der Abendmahlsfrage zur Spaltung in die evangelische (lutherische) und die reformierte Kirche (Zwingli und Calvin) kam. Die Lutheraner betonen die Realpräsenz, d.h. Christus ist in, mit und unter Brot und Wein gegenwärtig. Die Reformierten sehen das Abendmahl vor allem als symbolische Handlung zur Erinnerung an das Opfer Christi.

Im Sinne Luthers ist es sicher – und das wird in der fünften Invokavitpredigt deutlich -, wenn man sich in der Frage der Praxis des Abendmahls nicht verbeißt, sondern sich auf das besinnt, was da im Mittelpunkt stehen soll, nämlich die Feier der einmaligen Erlösungstat Jesu Christi für die ganze Menschheit.

Kein Zwang, sondern Freiheit

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!
Galater 5,1

In der vierten Invokavitpredigt (siehe auch die Andachten der vergangenen Tage) ging Luther noch einmal auf den Bildersturm ein, den er ablehnte. Es ging ihm nicht nur um die Werke aus Künstlerhand, sondern auch um Bilder, die wir uns selbst von Gott machen. Gott ist nicht eine Macht, die ständig unerbittlich straft. Er ist auch nicht nur lieb und nett, weil wir uns das so wünschen. Das Wort der Bibel kann eine große Hilfe sein, um zu erkennen, wo sich falsche Gottesbilder in unseren Herzen eingenistet haben.

Im zweiten Teil der Predigt setzte sich Luther mit den damaligen Speiseverboten auseinander. Die Christen durften in der Fastenzeit und an den Freitagen weder Fleisch, noch Eier oder Butter zu essen, mussten sich also im heutigen Sinne vegan ernähren. Nur Fisch war erlaubt. Das war alles von der katholischen Kirche so festgelegt, in der Bibel ist von diesen Verboten nichts zu finden. Und jetzt kommt Luther daher und sagt einfach: Iss, was du willst! Du musst dich nicht vor Papst und Kirche verantworten, Gott hat dir die Freiheit geschenkt. Nur ihm musst du Rechenschaft ablegen. Wer dagegen an manchen Tagen fasten will, der soll es tun. Aber er soll es nicht aus Zwang tun und auch nicht von anderen verlangen.

Und so sollten wir mit dieser Freiheit nicht nur beim Essen umgehen. Wir können ein Tischgebet sprechen, wir haben die Freiheit dazu. Wir müssen es aber nicht. Wir können in den Gottesdienst gehen – wir dürfen, aber wir müssen nicht. Ich kann mir die Freiheit nehmen, anderen Menschen zu helfen, ich muss es aber nicht. Wenn wir etwas freiwillig tun, sollten wir es gerne tun. Wir sollten es nicht tun, um uns vor anderen hervorzutun und von ihnen das Gleiche zu verlangen. Es geht nicht um Selbstrechtfertigung, um eine aus Angst erbrachte Leistung, die Gott wunschgemäß anerkennen soll. Allein aus seiner Gnade heraus dürfen wir eine Beziehung zu ihm haben, die von Dankbarkeit und Vertrauen geprägt ist. Es ist ganz im Sinne Luthers, wenn wir lernen, unsere Freiheit recht zu gebrauchen, indem wir Gottes Wort in unseren Alltag umsetzen.