Andacht Heute

Ein Schrei aus der Tiefe

1 Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Aus der Tiefe schreie ich zu dir, HERR!
2 HERR, höre meine Stimme, schenk meinem lauten Flehen ein offenes Ohr!
3 Wenn du, HERR, die Sünden anrechnen willst – wer kann dann noch vor dir bestehen, o Herr?
4 Doch bei dir gibt es Vergebung, damit die Menschen dir in Ehrfurcht begegnen.
5 Ich hoffe auf den HERRN, ja, aus tiefster Seele hoffe ich auf ihn. Ich warte auf sein rettendes Wort.
6 Von ganzem Herzen sehne ich mich nach dem Herrn – mehr als die Wächter sich nach dem Morgen sehnen, ja, mehr als die Wächter nach dem Morgen!
7 Israel, hoffe auf den HERRN! Denn der HERR ist voll Gnade und immer wieder bereit, uns zu erlösen.
8 Er allein wird Israel erlösen von allen seinen Sünden.

Psalm 130

Georg Trakl hat in seinem berühmten Gedicht „De profundis“ (lateinisch „aus der Tiefe“) diesen Psalm als Vorbild genommen. Bei ihm ist aber der Mensch in seiner Not ganz allein mit „Gottes Schweigen“ konfrontiert. Am Ende seines Lebens ist alle Hoffnung verschwunden: „Wie traurig dieser Abend.“ Georg Trakls kurzes Leben war überschattet von Depressionen und Panikattacken, die auch eine Folge seines exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum waren. Sein lyrisches Werk ist von einzigartiger Schönheit, aber auch ein bedrückendes Zeugnis für die Verlorenheit des modernen Menschen, der sich ganz von Gott abgewandt hat.

Auch der Psalmist befindet sich in einer abgrundtiefen Situation. Und doch ist er sich selbst in der größten Tiefe seiner Existenz sicher, dass Gott ihn trotz all seiner Sündhaftigkeit erhören wird. Er wartet auf seine Antwort, auf „sein rettendes Wort“. Diese Hoffnung bleibt uns immer, so schlimm es in unserem Leben auch kommen mag.

Eine sichere Überzeugung

Wenn die Hoffnung, die Christus uns gegeben hat, nicht über das Leben in der jetzigen Welt hinausreicht, sind wir bedauernswerter als alle anderen Menschen. 
1. Korinther 15,19

    Der Glaube an die Auferstehung ist für den Christen von entscheidender Bedeutung. Dem Ungläubigen bietet sich nur dieses Leben. Er setzt seine Hoffnung auf irdische Freuden, auf Vergnügen und Wohlergehen, ohne an das ewige Leben nach dem Tode zu denken. Ich vermute, dass auch bei der Mehrzahl derer, die sich als Atheisten bezeichnen, noch so etwas wie eine Ahnung oder ein vager Wunsch da ist von dem, was noch kommen wird. Wenn auch Christen nichts mit einer Auferstehung anfangen können, die uns versprochen ist, dann ist das mehr als bedauerlich. Paulus hätte es in seinem Leben sehr viel leichter haben können, ihm wäre viel Leid erspart geblieben, wenn er seinen Missionsauftrag nicht wahrgenommen hätte. Aber er hätte sich wie ein bemitleidenswerter Narr gefühlt, wenn es für ihn nicht die Hoffnung auf die Auferstehung und den himmlischen Lohn jenseits dieses Lebens gegeben hätte. Auch wenn unser Leben in den meisten Fällen weitaus komfortabler verlaufen wird als das des Paulus, wäre es doch erbärmlich, auf die Frage nach dem Jenseits nur mit einem Achselzucken zu reagieren, nach dem Motto: „Vielleicht wird es so kommen, aber es könnte auch nicht so sein“. Allein das Beispiel unseres Erlösers Jesus Christus zeigt uns, wie sicher wir sein müssen, dass es eine Auferstehung nach dem Tod geben wird.

    Lest sorgfältig die Briefe

    Daher, liebe Geschwister, bleibt standhaft und haltet an den Lehren fest, die wir an euch weitergegeben und in denen wir euch unterrichtet haben, sei es mündlich oder brieflich.
    2. Thessalonicher 2,15

      Paulus meint hier gerade nicht die religiösen Traditionen, die von den Schriftgelehrten weitergegeben werden, sondern einzig die Überlieferungen der Apostel. Wenn wir heute die Bibel aufmerksam lesen, dann ist es wichtig, dass wir uns nur an diese Lehre halten. Alle Glaubensregeln, die in christlichen Gemeinschaften hervorgehoben werden, sollten mit den apostolischen Schriften verglichen werden. Deshalb sind die Briefe des Neuen Testaments auch so wichtig, weil sie sich neben der Vermittlung der Grundlagen der Lehre auch damit auseinandersetzen, was alles an Irrwegen in den Gemeinden auftauchen kann. In ihnen wird keineswegs, wie manche befürchten, auf Gesetzlichkeit gepocht. Paulus betonte, dass Christen durch den Glauben an Jesus Christus von der Sklaverei des Gesetzes befreit sind. Seine Briefe sind eher eine Warnung vor Gesetzlichkeit als ein Weg dorthin.

      Die Liebe tut dem Mitmenschen nichts Böses an. Darum ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.
      Römer 13,10