Die wütende Forderung nach Lebensverlängerung
Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.
Matthäus 16,25
Der walisische Dichter Dylan Thomas starb 1953 im Alter von nur 39 Jahren. Sein wohl bekanntestes Gedicht ist „Do not go gentle into that good night“, zu deutsch „Gehe nicht in Frieden in die gute Nacht“ (Übersetzung von Ruth Klüger). Dylan Thomas sieht darin seinen Vater im Sterben liegen und fordert ihn auf, sich gegen den Tod zu wehren und ihn nicht friedlich hinzunehmen. Er will geradezu, dass er sich noch einmal gegen das Unvermeidliche aufbäumt, um die gewonnene Zeit auf Erden so gut wie möglich zu nutzen. Das wirft Fragen auf: Wer könnte von sich behaupten, dass er so Wichtiges zu tun hat, dass er unbedingt noch eine „Extrazeit“ für sein Leben braucht? Wie steht es mit Dylan Thomas selbst, ist er diesem hohen Anspruch, den er an seinen Vater stellte, selbst gerecht geworden?
Zumindest die zweite Frage lässt sich aus der Biographie des Dichters beantworten. Obwohl er ein durchaus erfolgreicher Dichter war, wusste er mit dem verdienten Geld nicht umzugehen. Er versorgte seine Frau und seine drei Kinder nicht einmal mit dem Nötigsten, weil er alles seiner Trunksucht opferte (Wikipedia). Die damit verbundenen Exzesse führten auch zu der Lungenentzündung, an der er so früh starb. Selten lagen literarisches Wort und Lebenswirklichkeit eines Dichters so weit auseinander wie bei Dylan Thomas. Statt verzweifelt nach mehr Lebenszeit zu rufen und noch nach irgendwelchen großen Dingen zu streben, gäbe es eine Erkenntnis, um zufrieden mit seinem Leben abschließen zu können:
Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben müsste, spricht Gott der HERR. Darum bekehrt euch, so werdet ihr leben.
Hesekiel 18,32