Am Sabbat gingen wir hinaus aus der Stadt und kamen an das Flussufer, wo sich – wie wir annahmen – eine kleine jüdische Gemeinde zum Gebet versammelte. Wir setzten uns und sprachen mit den Frauen, die sich dort eingefunden hatten. Zu ihnen gehörte Lydia, die an den Gott Israels glaubte. Sie stammte aus Thyatira und handelte mit Purpurstoffen. Während sie aufmerksam zuhörte, ließ der Herr sie erkennen, dass Paulus die Wahrheit verkündete. Mit allen, die in ihrem Haus lebten, ließ sie sich taufen. Danach forderte sie uns auf: »Wenn ihr davon überzeugt seid, dass ich an den Herrn glaube, dann kommt in mein Haus und bleibt als meine Gäste.« Sie gab nicht eher Ruhe, bis wir einwilligten.
Apostelgeschichte 16, 13-15
Die Apostelgeschichte wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von Lukas verfasst. Sie ist sonst überwiegend in der dritten Person geschrieben, nur wenige Passagen, wie dieser Abschnitt, stehen in der Wir-Form. In Schulaufsätzen würde man dies bemängeln, in dieser Geschichte fällt es kaum auf und wirkt durchaus authentisch. Zum Inhalt: Hier wird kurz erzählt, wie Lydia zum Glauben an Jesus kam. Der Gott Israels war ihr bereits vertraut. Nun kam der Glaubensschritt, auch daran zu glauben, dass der Menschensohn zu ihrer Rettung gekommen ist.
Lydia war eine einfache Frau aus dem Volk, wie man so schön sagt, sie war intellektuell nicht besonders gebildet. Aber sie konnte verstehen, was dieser Paulus ihr sagte. Sie ließ sich von ihm taufen und mit ihr alle, die in ihrem Haus lebten. Das war kein formaler Akt, sondern eine echte Bekehrung, weil der Herr sie innerlich berührt hatte. Lydia ließ nicht locker und forderte die Jünger auf, in ihrem Haus zu Gast zu sein, wenn sie von ihrer Umkehr überzeugt seien. So wie der von allen verachtete Zöllner Jesus in sein Haus einlud, so war es auch für sie ein für alle sichtbarer Akt, dass sie gerechtfertigt war und der Herr in ihr Haus eingezogen war.
Für mich ist die wichtigste Erkenntnis aus dieser Geschichte, dass es bei jeder Bekehrung auf die Hilfe Gottes ankommt. Wir können Ungläubigen noch so viel kluges Wissen anbieten, um sie von der Notwendigkeit des Glaubens zu überzeugen. Das allein kann nichts bewirken. Wir dürfen auf keinen Fall versäumen, zum Herrn zu beten, dass er die Herzen öffnet.
Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.
Johannes 6,44