Zeugnis eines Rabbiners

Aus dem Büchlein „Die Weisheit ruft“ Seite 37

Charles Freshman wurde in Micklosch, einer lieblichen am Fluss Waag gelegenen Stadt Ungarns als ältestes von 3 Kindern geboren. Seine Eltern verfolgten genau die Vorschriften des jüdischen Glaubens. Der Vater war Geschäftsmann, allezeit ehrlich und angesehen, jedoch nicht reich.
Schon als Charles erst 3 Jahre alt war, und auf den Schultern eines Dienstmädchens zur Schule und zurück getragen wurde begann er das hebräische Alphabet und die erste Lektion aus der heiligen Schrift, das sogenannte „Schema“ (5.Mose 6,4 + 5) zu lernen. Die Quasten, nach der Vorschrift (4. Mose 15, 38), wurden ihm auch angelegt.
Obwohl Charles sehr jung war, lernte er doch schnell. Als er ungefähr 4 Jahre alt war, veranstaltete sein Vater zu seiner Ehre ein Fest, ein „Sudah.“ Alle Freunde, Verwandten und Bekannten wurden an einem bestimmten Sabbat eingeladen. Kuchen, Pflaumen, Nüsse und andere Speisen wurden reichlich bereitet, wie auch ein Glas reinen Trauben Weines. Nun durften die Gäste hören, wie das Kind aus der Alten aus dem Alten Testament in hebräischer Sprache vorlas.
Die ganze religiöse Ausbildung des Kindes war äußerst streng. Er musste jeden morgen und jeden Abend aus dem jüdischen Gebets Buch beten und durfte nichts Essen und Trinken, ohne erst, mit bedecktem Haupt, einen Segen darüber zu erbitten.
So macht der Charles Freshman schnellen Fortschritt und konnte mit acht Jahren Hebräisch lesen und jedes Wort ohne Schwierigkeit übersetzen. Nur selten hatte er ein Wörterbuch nötig. Er konnte viele Abschnitte aus dem Alten Testament und ganze Psalmen aus dem Gedächtnis in hebräischer Sprache wiedergeben. Selbst vom Chaldäischen verstand er etwas und konnte die aramäische Sprache lesen und schreiben.
Da Charles von Natur sehr ehrsüchtig und stolz war, wurde sein Denken von einem Entschluss ganz eingenommen: er wollte Rabbiner werden. Doch nicht ein gewöhnlicher Rabbiner, wie man ihn jeden Tag begegnet wollte er sein, sondern ein ganz großer Rabbiner wie die, welche ihre Gedanken auf den Seiten den Talmud eingeprägt und ihre Namen unsterblich gemacht hatten. Von diesen Gedanken entflammt, studierte er Tag und Nacht den Talmud und bald so bewandert darin, dass er seinen Mitschülern dabei helfen konnte. So verdiente er sich etwas Geld.
Als er 11 Jahre alt war, bewunderte man seine erstaunliche Kenntnis und offenbare Frömmigkeit. Er war gewohnt viel im Verborgenen zu lesen und zu beten, fastete oft, war sehr streng, und überaus gewissenhaft in der Erfüllung aller religiösen Pflichten. Doch leider war er sehr stolz und überheblich indem er meinte, selbst mehr als seine Lehrer zu wissen. Aber „Hochmut kommt vor dem Fall.“
Eine unerklärliche Verwandlung geschah in dem Jungen als er in sein 12. Lebensjahr eintrat. Er trieb viel Unfug und in gewissen Dingen war er geradezu boshaft. Ja vernachlässigte seine Gebete und entheiligte den Sabbat und las schlechte Bücher, – und die größte aller Sünden für einen strengen Juden – er versuchte heimlich das Neue Testament zu lesen. Jedoch die Worte – ICH UND DER VATER SIND EINS – entrüsteten ihn so sehr, dass er das Buch durch den Raum schleuderte und das Christentum hasste.
Auch vernachlässigte er seine Bücher, schwänzte die Schule und verließ schließlich die Schule überhaupt. Dann kam er in die Gewohnheit des Nichtstuns, er hatte einfach keine Lust zum weiterlernen, tänzelte herum und machte Unfug. Er hatte kein Verlangen mehr Rabbiner zu werden.
Gott brachte ihn jedoch zur Besinnung.

Fortführung: Morgen

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