Aufgrund der Gnade, die Gott mir gegeben hat, warne ich jeden Einzelnen von euch: Denk nicht höher von dir, als dir zukommt, sondern schätze dich selbst richtig ein! Maßstab dafür ist der Glaube, den Gott jedem von uns zugemessen hat.
Römer 12,3
Hier gilt es zu unterscheiden zwischen dem Inhalt des Glaubens, der für alle gleich ist, und der persönlichen Geschichte des Glaubens, die individuell verschieden ist. Es ist natürlich ein Unterschied, ob jemand in einem christlichen Haus aufgewachsen ist oder in einer Familie, die aus lauter Atheisten bestanden hat. Den Weg des Glaubens können wir nicht bestimmen, Gott klopft unterschiedlich an, bei jedem anders. Paulus versucht hier, uns davor zu bewahren, dass wir Geschwistern gegenüber in der Einschätzung des jeweiligen Glaubens überheblich werden.
In der Verfehlung des rechten Maßes gibt es zwangsläufig auch die Unterschätzung des uns Zugewiesenen. In christlichen Gemeinschaften kann es dazu kommen, dass die vermeintlich Schwächeren im Glauben, durch manche Überbetonung die „Starken“ einholen wollen. Dann kommt es sehr leicht zur hyperkrisis, zu Schauspielerei und Heuchelei. Im Reden und Beten wird ein starker Glaube dargestellt, den man so gar nicht hat. In Wahrheit geht es eher um Ansehen und Geltung innerhalb der Gruppe. Es kommt darauf an, dass bei Christen diese von Paulus beschriebene Haltung des Maßhaltens und der Bescheidenheit gepflegt wird. Jedem der Gläubigen ist eine andere Geschichte und sind andere Gaben von Gott zugewiesen worden. Wir sollten nicht versuchen, Geschwister im Glauben, die unserem Gefühl nach stark auftreten, für uns zum Vorbild und zu Objekten der Nachahmung zu machen. Dies führt zu falschem Selbstzweifel und zur Unzufriedenheit mit uns selbst. Seien wir dagegen froh in dem, was uns zugewiesen wurde und freuen wir uns in aller Bescheidenheit.