Pharisäer und andere Sünder
Und als die Schriftgelehrten der Pharisäer ihn mit den Sündern und Zöllnern essen sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Mit den Zöllnern und Sündern isst er?
Und Jesus hörte es und spricht zu ihnen: Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.
Markus 2,16-17
Das Pharisäertum hatte sich schon vor der Zeit von Jesus zu einer Bewegung entwickelt, der es vor allem um Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Gesetzestreue ging. Rabbiner beschäftigten sich damit, möglichst alle Fälle des Alltags zu durchleuchten und in ein enges Regelwerk zu verankern. So entwickelte sich eine fromme Elite, die sich als „Gerechte“ fühlten und sich vom gemeinen Volk, den „Sündern“ abhob. Sie waren es, die Jesus mit ihren Spitzfindigkeiten in die Enge treiben wollten. Mit dem Ergebnis, dass ihre Selbstgerechtigkeit jedes Mal schonungslos aufgedeckt wurde. Sie wirkten nur nach außen hin gesund und stark. Bei dem, was sich vor ihren Augen vollzog, versagten sie völlig und zogen sich in ihre Gelehrsamkeit zurück, die im Grunde nur ihr Defizit verbergen sollte: Der Sohn Gottes stand vor ihnen, und sie konnten mit diesem außerordentlichen Ereignis nichts anfangen. Den Gegensatz zu ihnen bildete das einfache Volk, das diesen natürlichen Zugang zur Wahrheit noch hatte. Diesem wandte sich Jesus zu. Hier fand ER Sünder, die sich bekehrten und Buße taten und IHM nachfolgten.
Das Beispiel der Pharisäer sollte allen, die sich mit theologischen Problemen beschäftigen, eine Warnung sein. Allzu leicht kann man sich in seiner Erkenntnisfreude in eine Art von Besserwisserei vergaloppieren. Unser von Gott geschenkter Verstand bedarf dringend der Mäßigung durch die Demut. Wir sind und bleiben Sünder vor Gott, auch wenn uns der eine oder andere Erkenntnisgewinn gelingt. Für mich, der ich auf diesem Wege täglich meine Anmerkungen zu Texten der Bibel veröffentliche, damit ich selbst und vielleicht der eine oder andere Leser sie besser verstehen kann, gilt das in gleichem Maße wie für alle, die sich in diesem Sinne bemühen. Ich will dankbar dafür sein, wenn mich der HERR ermahnt, wenn ich Gefahr laufe, selbstgerecht und pharisäerhaft zu werden.