Andacht Heute

Unser Verhalten in Konflikten

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit.
Titus 3,4-5

Der ausgewählte Text zur heutigen Losung stammt aus dem Brief des Paulus an Titus. In diesem gibt Paulus Titus Anweisungen zur Gemeindeleitung. Er enthält eine Ermahnung zur gesunden Lehre sowie eine Warnung vor „törichten Streitfragen”, die die Gemeinschaft zerstören könnten.

Gerade das Kapitel 3 ist erstaunlich dicht. In wenigen Versen entfaltet es die gesamte Ethik des christlichen Miteinanders. Wie an anderen Stellen des Neuen Testaments wird betont, dass wir nicht durch gute Werke gerettet werden, sondern einzig und allein durch die Barmherzigkeit Gottes. Das bedeutet jedoch nicht, ganz ohne Selbstreflexion. Wir sollten uns an unser früheres Leben erinnern, als wir noch unverständig, ungehorsam und irregehend die Sklaven von Begierden und Leidenschaften waren. Das macht uns milder, wenn wir die Welt um uns herum betrachten, in der Bosheit, Neid und Hass weit verbreitet sind.

Es ist besser, Streit zu vermeiden, vor allem, wenn es nur um Gesetzlichkeiten geht, die nur vom Wesentlichen ablenken. Wenn sich jedoch Konflikte zeigen, sollte man ihnen nicht aus dem Weg gehen, um einen scheinbaren Frieden aufrechtzuerhalten. Es ist besser, zu reden, wenn jemand verletzt oder ausgegrenzt wird, wenn Unrecht geschieht und Schweigen zur Lüge wird. Eine christliche Gemeinschaft ist kein Ort ohne Konflikte, sondern ein Ort, an dem Konflikte anders geführt werden: sanft, klar und gütig.

Ruhe vor dem Fest

Redet nicht schlecht voneinander, sondern habt ein gutes Wort für jeden, der es braucht. Was ihr sagt, soll hilfreich und ermutigend sein, eine Wohltat für alle.
Epheser 4,29

Wenige Tage vor Weihnachten stehen wir erneut vor einem „Fest der Liebe“, wie es gern genannt wird. Wir nehmen uns vor, gut miteinander umzugehen. Das haben wir allerdings schon oft versucht, und trotzdem gab es an den Festtagen so manchen Streit. Das fängt schon beim Essen und seiner Organisation an. Wer kocht? Wer hilft? Es entstehen Konflikte, wenn sich jemand überlastet fühlt, wenn sich andere nicht beteiligen und wenn Erwartungen im Raum stehen („Bei uns gab es immer Gans!“). Dann sagen wir uns: Wir hätten ja gewollt, dass alles friedlich verläuft, aber die anderen haben nicht mitgemacht.

Aber hilft uns dann ein solcher Vers wie der obige weiter? Besteht nicht die Gefahr, dass wir uns damit weit überfordern? Das könnte geschehen, wenn wir ihn als Befehl zur Perfektionierung auffassen. Es wird uns wohl kaum gelingen, niemals schlecht über andere zu reden. Der Vers könnte für uns hilfreich sein als Versuch, eine andere Richtung einzuschlagen: weg von verletzenden, destruktiven Reden, hin zu Worten, die aufbauen, heilen und stärken. Versuchen wir, uns ein wenig von den eingeübten Mustern zu befreien und von den damit verbundenen Äußerungen, mit denen wir uns und andere kleinmachen.

Gewiss, dieses destruktive Denken und Reden lässt sich nicht von heute auf morgen abstellen. Aber ein Blick auf Alternativen kann uns helfen. So könnten wir unsere Sicht der Dinge dem anderen gegenüber auch annehmbarer verpacken: „Ich sehe das anders, weil …“. Wir könnten unseren Ärger mildern, indem wir wohlwollender interpretieren: „Vielleicht hat sie heute einen schlechten Tag.“ Wir könnten auch einfach mal nichts sagen, denn nicht alles braucht einen Kommentar von uns. Die Liste der alternativen Verhaltensweisen kann jeder selbst verlängern. Vielleicht hilft es uns, den anderen als geliebtes Gegenüber zu sehen. Es verändert meinen Ton, wenn ich mir bewusst mache: „Dieser Mensch, über den ich mich da ärgere, ist von Gott gewollt und geliebt“.

Die Rede von der Waffenrüstung

Deshalb greift zu allen Waffen, die Gott für euch bereithält!
Epheser 6,13

Als ich Epheser 6 zum ersten Mal bewusst las – es war auf einer christlichen Fortbildung –, empfand ich diesen Abschnitt als abstoßend martialisch. Verstärkend kam hinzu, dass der Seminarleiter einer von jener strengen, knochentrockenen Sorte war, die mir schon immer suspekt war. Genüsslich war von Brustpanzern, Schilden, Pfeilen und Schwertern die Rede, die wir anlegen sollten.

Dabei ist es doch so: In diesem Text über die „Waffenrüstung Gottes“ wird die Sprache und Ausrüstung eines römischen Soldaten genutzt. Für Menschen im 1. Jahrhundert war das eine alltägliche, sofort verständliche Metapher. Paulus greift sie auf, ohne zu einem Kampf gegen Menschen aufzurufen, sondern gegen die Mächte des Bösen. Alle erwähnten Waffen sind defensiv, einzig das „Schwert des Geistes“ ist offensiv, und auch das steht bildlich für Gottes Wort, nicht für Gewalt. Der Ton ist ernst, aber nicht aggressiv. Es geht um Standhalten, nicht um Angreifen. Paulus schreibt also nicht: „Geht in den Krieg“, sondern: „Bleibt standhaft, wenn euch etwas niederdrücken will.“ Man könnte auch sagen: Paulus benutzt die stärkste Bildsprache seiner Zeit, um eine zutiefst friedliche Botschaft zu vermitteln.