Andacht Heute

Die Rede von der Waffenrüstung

Deshalb greift zu allen Waffen, die Gott für euch bereithält!
Epheser 6,13

Als ich Epheser 6 zum ersten Mal bewusst las – es war auf einer christlichen Fortbildung –, empfand ich diesen Abschnitt als abstoßend martialisch. Verstärkend kam hinzu, dass der Seminarleiter einer von jener strengen, knochentrockenen Sorte war, die mir schon immer suspekt war. Genüsslich war von Brustpanzern, Schilden, Pfeilen und Schwertern die Rede, die wir anlegen sollten.

Dabei ist es doch so: In diesem Text über die „Waffenrüstung Gottes“ wird die Sprache und Ausrüstung eines römischen Soldaten genutzt. Für Menschen im 1. Jahrhundert war das eine alltägliche, sofort verständliche Metapher. Paulus greift sie auf, ohne zu einem Kampf gegen Menschen aufzurufen, sondern gegen die Mächte des Bösen. Alle erwähnten Waffen sind defensiv, einzig das „Schwert des Geistes“ ist offensiv, und auch das steht bildlich für Gottes Wort, nicht für Gewalt. Der Ton ist ernst, aber nicht aggressiv. Es geht um Standhalten, nicht um Angreifen. Paulus schreibt also nicht: „Geht in den Krieg“, sondern: „Bleibt standhaft, wenn euch etwas niederdrücken will.“ Man könnte auch sagen: Paulus benutzt die stärkste Bildsprache seiner Zeit, um eine zutiefst friedliche Botschaft zu vermitteln.

Tugend – Aufgabe oder Geschenk?

Bemüht euch deshalb nach Kräften, dass zu eurem Glauben das richtige Verhalten kommt. Zum richtigen Verhalten soll die Erkenntnis kommen, zur Erkenntnis die Selbstbeherrschung, zur Selbstbeherrschung die Standhaftigkeit, zur Standhaftigkeit die Ausübung des Glaubens, zur Ausübung des Glaubens die geschwisterliche Liebe und zur geschwisterlichen Liebe die Liebe überhaupt.
2. Petrus 1,5-7

    Für den Erklärtext der Tageslosung von heute wurde die Übersetzung der BasisBibel verwendet. Das ist bei den Herrnhutern eher selten der Fall, meist wird die Lutherbibel in der Fassung von 2017 herangezogen. Die BasisBibel ist eine junge, moderne Übersetzung, die seit 2021 vollständig vorliegt. Sie wurde von der Deutschen Bibelgesellschaft legitimiert und von der EKD ergänzend empfohlen.

    Leider führt diese Übersetzung beim heutigen Bibeltext in eine völlig falsche Richtung. Das beginnt schon damit, dass der Ausdruck „das richtige Verhalten“ das klassische Wort „Tugend“ ersetzt. Wenn die Tugend, wie hier, so stark als menschliche Leistung betont wird, droht eine Verschiebung hin zur Selbstrechtfertigung. Die Tugend ist jedoch nicht der Weg zur Gnade, sondern die Frucht der Gnade. Im Kontext des Petrusbriefs wird deutlich, dass die Tugend keine Voraussetzung für Gottes Gnade ist, sondern der Ausdruck bereits empfangener Gnade. Bei Paulus heißt dies: Was hast du, das du nicht empfangen hast? (1. Korinther 4,7)

    Selbstüberschätzung macht blind

    Wehe denen, die in ihren eigenen Augen weise sind und die sich selbst für verständig halten!
    Jesaja 5,21

    Wenn wir ehrlich sind, kennen wir alle Situationen, in denen wir zunächst dachten: „Ich weiß es besser“ – und dann doch eines Besseren belehrt wurden. Wie oft sind wir schon zu Fehleinschätzungen gekommen, die wir anschließend korrigieren mussten?

    Eine der größten Fehlerquellen in unserem Denken ist das „Schwarzweißdenken“. Damit reduzieren wir komplexe Sachverhalte auf einfache Gegensätze und erkennen die Vielschichtigkeit von Situationen und Menschen nicht. Da wird nach Lust und Laune in „gut” und „böse”, in „richtig” und „falsch” eingeteilt. Dadurch verlieren wir die Wahrnehmung für alle Zwischentöne und Nuancen. Wenn wir das auf andere Menschen beziehen, dann ist jemand nicht gleich entweder unser Freund oder unser Feind. Lassen wir uns lieber überraschen und gestehen wir ihm zu, dass er, wie jeder andere auch, Stärken und Schwächen hat. So bleiben wir offen für neue Sachverhalte, sind lernfähig und bereit für Versöhnung.

    Üben wir uns in Demut! Weisheit beginnt mit der Erkenntnis der eigenen Begrenztheit. Wer sich bewusst macht, dass menschliches Wissen Stückwerk bleibt, schafft Raum für die Weisheit Gottes.