Andacht Heute

Habe Mut

Prüfet alles, das Gute behaltet.
1. Thessalonicher 5,21

Die Formel Kants „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen”, die auch als Kurzformel der Aufklärung verwendet wird, steht nicht im Widerspruch zum christlichen Glauben. Kant ruft dazu auf, selbstständig zu denken und sich nicht blind auf Autoritäten (Kirche, Staat, Tradition) zu verlassen. Ihm ging es um Mündigkeit: Der Mensch soll sich aus „selbstverschuldeter Unmündigkeit“ befreien und kritisch prüfen, was ihm vorgegeben wird. Kant war kein Atheist. Er sah im Glauben an Gott eine praktische Notwendigkeit, um die von ihm ersehnte Einheit von Tugend und Glückseligkeit – das für ihn „höchste Gut“ – zu denken. Er kritisierte Dogmatismus und kirchliche Bevormundung, hielt aber an der Idee fest, dass Gott als moralischer Weltenlenker notwendig gedacht werden müsse. Seine eingangs erwähnte Formel ist also kein Freibrief zur Gottesablehnung, sondern ein Aufruf zur Selbstprüfung. Darin stimmt er mit Paulus im Thessalonicherbrief überein.

Wir sollen das Geschenk unseres Verstandes nutzen, um alles zu prüfen, was wir hören und sehen. Auch die Worte der Bibel dürfen wir mit kritischem Verstand prüfen. Sie werden dieser Prüfung standhalten, da sie von einem wesentlich höheren Verstand als dem unseren stammen. Es geht jedoch mehr darum, wie Menschen mit den Worten der Heiligen Schrift umgegangen sind und was sie durch Übersetzung und Auslegung daraus gemacht haben. Hier ist es sogar notwendig, unseren kritischen Verstand einzuschalten, um nicht auf manche Fehlinterpretation hereinzufallen. Kant sagt, dass wir dafür auch Mut brauchen. Aber wir sollten uns vor dieser Anstrengung des Denkens nicht drücken.

Führung und Freiheit

Ich will die Blinden auf einem Weg führen, den sie nicht kennen, und auf Pfaden leiten, die ihnen unbekannt sind.
Jesaja 42,16

Wenn ich diesen Vers als eine Aufforderung sehe, mich in allen Situationen des Lebens immer von Gott führen zu lassen, statt eigene Wege zu gehen, ist dieser Vers dann als Einengung meiner Freiheit zu betrachten? Habe ich dann überhaupt noch einen Raum für eigene Entscheidungen?

Kürzlich bin ich mit dem Auto eine Strecke gefahren, die ich eigentlich kenne. Dennoch habe ich das Navi benutzt, da es auf aktuelle Verkehrsbehinderungen reagiert. Das war nicht der Fall, aber das Navi hat mir dennoch eine Alternative angeboten, der ich gefolgt bin. Ich bin von meiner gewohnten Route abgewichen und siehe da: Diese Strecke hatte einige kleine Vorteile zu bieten. In Zukunft werde ich sie gegenüber meiner gewohnten Route bevorzugen.

Nun fragt man sich vielleicht, was mein Navi im Auto mit Gott zu tun hat. Weil ich dieses Beispiel aus dem täglichen Straßenverkehr verwendet habe, will ich darauf verweisen, dass mir dadurch neue Wege eröffnet werden. Dadurch werde ich keinesfalls in meinen Entscheidungsmöglichkeiten eingeschränkt. Auch bei Gott ist dies nicht der Fall. Er kann mir noch viel bessere Wege zeigen als ein modernes Navi. Diese Wege führen mich aus meiner Blindheit, meinem Verhaftetsein in alten Gewohnheiten, meiner Sturheit und meiner Besserwisserei heraus. Wenn ich mich an Gott halte, werde ich nicht unfrei. Es ist ein Angebot für uns. In der Bibel wird an vielen Stellen betont, dass der Mensch die Wahl hat, Gottes Führung anzunehmen oder eigene Wege zu gehen. Anstatt eine Begrenzung zu sein, eröffnet Gottes Führung neue Horizonte. Als „Blinder“ sehe ich plötzlich Wege, die ich vorher nicht kannte. Das ist eine Erweiterung der Freiheit, weil ich nicht mehr nur auf meine eigenen, begrenzten Möglichkeiten angewiesen bin. Es ist also eine Einladung zur Freiheit in einer tieferen Dimension: Freiheit von Blindheit, Angst und Orientierungslosigkeit.

Die Angst der Eliten

Jeden Tag lehrte Jesus im Tempel. Währenddessen suchten die obersten Priester, die Schriftgelehrten und die führenden Männer des Volkes nach einer passenden Gelegenheit, ihn umzubringen. Aber sie wussten nicht, wie sie es anstellen sollten, denn die Menschen folgten Jesus überallhin und achteten auf jedes seiner Worte.
Lukas 19,47-48

Dieser Bericht zeigt, dass die Treue des Volkes zu Jesus eine machtvolle Kraft ist, die sogar die Pläne der religiösen Führer durchkreuzt. Der Bericht ist ein Aufruf, sich nicht von der Verdrehung des Wortes Gottes durch Institutionen blenden zu lassen, sondern Jesus selbst mit offenem Herzen und klarem Verstand zu folgen. Es ist auch ein starkes Bild dafür, dass die geistliche Klarheit und Volksnähe Jesu eine Gegenkraft zu manipulierender Macht darstellen.

Wenn sich Menschen gegen ideologische Verengungen oder elitäre Abgrenzung stellen, kann dies ein Ausdruck geistlicher oder moralischer Klarheit sein. Moderne Ideologen beanspruchen stets die Deutungshoheit. Sie diskreditieren Menschen mit abweichenden Meinungen als „Populisten”, weil sie Kontrollverlust befürchten. Sie haben Angst vor echter Volksnähe und werten Christen ab, wenn diese sich in gesellschaftlichen Fragen auf die Bibel berufen. Die darin enthaltenen Lehren stützen sich auf echte Autorität und sind von der Wahrheit und Gerechtigkeit Gottes getragen.

Wenn jemand seinen Willen tun will, wird er erkennen, ob diese Lehre von Gott ist, oder ob ich aus mir selbst rede. Wer aus sich selbst redet, der sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig, und keine Ungerechtigkeit ist in ihm.
Johannes 7,17-18