Andacht Heute

Mut im Alter

Ich gehe einher in der Kraft Gottes des HERRN; ich preise deine Gerechtigkeit allein.
Psalm 71,16

Psalm 71 ist das Gebet eines älteren Menschen, der erkannt hat, dass er nicht auf seine eigene Lebensleistung stolz sein sollte, weil er alles Gott verdanken kann. Gott hat ihn immer wieder gerettet, auch aus tiefsten Krisen. So bittet er den Herrn, ihn auch im Alter nicht zu verlassen, wenn seine Kräfte schwinden und er deshalb angreifbarer geworden ist. Er ist anfälliger für Stürze und Unfälle geworden, die seine Gesundheit bedrohen. In Belastungssituationen ist er schneller erschöpft. Er ist vielleicht nicht dement, aber er merkt, dass er kognitiv schneller überfordert ist, insbesondere, wenn viele Eindrücke auf ihn einströmen. Als alternder Mensch ist er weniger mobil, seine Kontakte haben abgenommen und er ist stärker auf fremde Hilfe angewiesen. Zudem ist er infolge nachlassender Kräfte eher in Gefahr, durch Betrugsmaschen ausgenutzt zu werden.

Wenn uns im Alter die eigene Verwundbarkeit Sorgen macht, können wir uns ein Beispiel an diesem Psalmisten nehmen. Er beschönigt nichts und weiß, dass das „Altwerden nichts für Feiglinge” ist, wie es Joachim Fuchsberger einmal ausdrückte. Wir sollten uns sagen: Meine Kraftquelle liegt nicht in mir, sondern in Gott. Wenn unsere eigene Kraft nachlässt, wird Gottes Kraft sichtbarer. Aus ihr leben wir, sie trägt uns, gerade auch im Alter. Das Wissen, dass Gott immer an unserer Seite ist, gibt uns Mut, weiterzugehen. Machen wir es wie der Psalmist. Seine Worte waren keine Klage, sondern ein einziger Lobpreis auf den HERRN.

Mehr als Gebote

Das Gesetz des HERRN ist vollkommen, es erquickt die Seele; das Zeugnis des HERRN ist zuverlässig, es macht den Einfältigen weise.
Psalm 19,8

Mit dem Gesetz sind hier nicht nur die Zehn Gebote oder die später entstandenen rabbinischen Gesetze gemeint. Das hebräische Wort für „Gesetz” – „Tora” – bedeutet wörtlich „Weisung”, „Unterweisung” oder „Lebensrichtung”. Damit ist in diesem Vers die gesamte Offenbarung Gottes gemeint, die den Menschen Orientierung gibt. Was Gott uns sagt, ist demnach vollkommen, klar, erfreulich und erleuchtend.

Wenn die „Seele erquickt wird”, klingt das für unsere modernen Ohren schnell nach einer frommen Floskel. Im Hebräischen hat das Verb „schuv” jedoch eine weit gefächerte Bedeutung im Sinne von „umkehren, zurückführen, wiederherstellen”. Damit kommt zum Ausdruck, dass dem Menschen nicht nur ein Energieriegel zugeschoben wird, damit er sich wieder wohlfühlt. Es ist weitaus mehr. Man muss sich einen Menschen vorstellen, der aus dem Takt geraten ist und seine tragende Mitte verloren hat. Die Weisungen Gottes, das Gesetz, bringen wieder Struktur und Ordnung in sein Leben. Damit kann seine Seele wieder aufatmen und sein Leben kommt wieder in die richtige Bahn. Das sollten wir bedenken, auch wenn es den Anschein hat, als versinke die Welt um uns herum im Chaos. Gottes Wort ist keine Last, sondern eine Lebensquelle – es ordnet, heilt, erfreut und macht weise.

Klagelieder an Weihnachten?

Bringe uns, HERR, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen; erneure unsre Tage wie vor alters!
Klagelieder 5,21

Heute haben wir es mit einem Vers aus den Klageliedern zu tun, der für diesen Tag von der Herrnhuter Brüdergemeine ausgelost wurde. In diesen fünf poetischen Trauergesängen wird die Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier im Jahr 587 v. Chr. beklagt. Das letzte Kapitel 5 ist ein gemeinsames Gebet des Volkes, eine Bitte um Erbarmen und um die Nähe Gottes. Wir begegnen hier Versen, die man nicht unbedingt für einen Weihnachtsgottesdienst auswählen würde. Allerdings: Weihnachten ist kein Fest der Verdrängung. Viele Menschen erleben Weihnachten nicht als „Friede-Freude-Fest“, sondern als Zeit, in der Einsamkeit, Verlust oder Überforderung besonders spürbar werden.

Auch in unserer Gegenwart gibt es Schauplätze des Krieges und der Zerstörung, bei denen Klagelieder angebracht sind. Auch dort, wo äußerlich noch alles heil geblieben ist, wie bei uns, ist Trauer über den Zustand dieser Gesellschaft angebracht. An diesen Weihnachtstagen spüren wir eine tiefe Sehnsucht nach Wiederherstellung und Erneuerung. Was wir jetzt brauchen, sind keine oberflächlichen Feiertagsreden, sondern die Erkenntnis, dass nur Gott uns helfen kann. Weihnachten ist Gottes Antwort auf die Klagelieder dieser Welt. Der Sohn Gottes, Jesus Christus, kam in einer Zeit politischer Unterdrückung zu uns. Er kam nicht in ein Palastbett, sondern in einen Stall. Damit kam für jeden Einzelnen von uns die Hoffnung, die weit über die Weihnachtstage hinausgeht. Das Erbarmen Gottes wird uns jeden Morgen neu geschenkt. Er verwirft uns niemals für immer, egal, was wir getan haben. Er sieht unser Leid und bleibt uns treu.

Gut ist der HERR zu denen, die auf ihn harren, zu der Seele, die nach ihm fragt.
Klagelieder 3,25