Andacht Heute

Leid und neue Hoffnung

Die Israeliten sprachen zu Samuel: Lass nicht ab, für uns zu schreien zu dem HERRN, unserm Gott, dass er uns helfe.
1. Samuel 7,8

Paulus schreibt aus dem Gefängnis: Ich weiß: Alles, was ich jetzt durchmache, wird zuletzt zu meiner Rettung führen. Darin unterstützen mich eure Gebete und der Geist, durch den Jesus Christus mir beisteht.
Philipper 1,19

Die heutige Herrnhuter Losung behandelt das Thema von erlittener Not und der Hoffnung auf Rettung aus ihr. Anhand historischer Ereignisse wird die Wichtigkeit deutlich, gerade in solchen Situationen auf die Hilfe Gottes zu vertrauen.

Der Althistoriker Dr. Werner Spieß verlor bei einem Verkehrsunfall in der damaligen DDR seine Frau und seinen Sohn. Er sagt, dass ihm die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeinde bei der Bewältigung dieses großen Leids geholfen haben. Unter anderem waren es an diesen Tagen die Verse aus Römer 8,38–39: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn.“

Anstatt mit Gott zu hadern, wurde sein Glaube entscheidend gestärkt. Werner Spieß war viele Jahre lang Generalsekretär der Studentenmission in Deutschland und gründete im Jahr 1999 das Institut für Glaube und Wissenschaft. In zahlreichen Vorträgen legt er bis heute dar, dass die Texte der Bibel zuverlässig und die Berichte über Wunder und die Auferstehung Jesu glaubwürdig sind. Er ist auch als Autor einer Reihe von Büchern, wie „Jesus für Skeptiker”, hervorgetreten. Sein Leben ist ein Beispiel dafür, dass erlittenes Leid einen Menschen nicht brechen muss, weil der Glaube an Jesus ihn auffängt und ihm neue Aufgaben geschenkt werden.

Die Heilung eines Taubstummen

Jesus verließ die Gegend von Tyrus wieder und ging über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Zehnstädtegebiet. Dort wurde ein Mann zu ihm gebracht, der taub war und kaum reden konnte; man bat Jesus, ihm die Hand aufzulegen. Jesus führte ihn beiseite, weg von der Menge. Er legte seine Finger in die Ohren des Mannes, berührte dann dessen Zunge mit Speichel, blickte zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Mann: »Effatá!« (Das bedeutet: »Öffne dich!«) Im selben Augenblick öffneten sich seine Ohren, seine Zunge war gelöst, und er konnte normal reden. Jesus verbot den Leuten, jemand etwas davon zu sagen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Die Menschen waren vor Staunen ganz außer sich. »Wie gut ist alles, was er getan hat!«, sagten sie. »Er gibt sogar den Tauben das Gehör und den Stummen die Sprache wieder.« 
Markus 7,27-37

Wir können diese Begebenheit als weiteren Beweis für die Göttlichkeit Jesu Christi in die Reihe seiner Wundertaten einordnen. Doch neben der Heilung eines körperlichen Gebrechens gibt es auch eine geistige Dimension, die man beachten muss. Ich denke dabei an die vielen Menschen, die der heilenden Botschaft verschlossen sind. Sie sind wie Taubstumme, die uns nur unverständig anblicken, wenn wir vom Glauben erzählen. Unsere Worte, so gut gemeint sie auch sein mögen, bewirken bei ihnen nichts; sie scheinen ungehört an ihnen abzuprallen. Es ist, als müsste Jesus auch bei ihnen ein Wunder bewirken. Ja, er müsste auch bei ihnen „Effatá!” („Öffne dich!“) sagen, damit ihnen die Ohren geöffnet und ihre Zungen gelöst werden.

Was wir tun können: Wir können für diese Menschen beten und Jesus bitten, sie zu heilen. Er wird es auf seine Weise tun. Vielleicht nicht so, wie wir es uns vorstellen. Die Leute in Galiläa meinten, Jesus würde dem Taubstummen die Hand auflegen, wie er es sonst tat. Doch er heilte diesen hier, indem er seine Finger in dessen Ohren legte und seine Zunge mit seinem Speichel berührte. Entscheidend für diesen Mann und für jeden, der sich der rettenden Botschaft gegenüber wie ein Taubstummer benimmt, ist, dass er sich öffnen lässt. Das schaffen wir nicht allein mit unserer menschlichen Überzeugungskunst, da muss Gott helfend eingreifen.

„Fromm sein“ kann auch irritieren

Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm.
1. Mose 17,1

Die heutige Losung hat in mir eine Irritation hervorgerufen. Abraham wird von Gott aufgefordert, „fromm“ zu sein. Warum hier die Übersetzung der Lutherbibel 2017 auf dieses heute meist negativ besetzte Wort zurückgegriffen hat, erschließt sich mir nicht. Die Elberfelder und die Schlachter verwenden für das hebräische tamim das Adjektiv „untadelig“. Wenn wir heute von einem frommen Menschen hören, sehen wir meist einen Frömmler vor uns, also einen, der vor anderen nur so tut, als wäre er besonders gottesfürchtig. Genau dies ist aber das Gegenteil von dem, was tamim heißt, nämlich vollständig, untadelig, aufrichtig. Gemeint ist also eine aus der Liebe zu Gott geprägte einwandfreie Lebensführung eines Menschen. Und die gelingt nur dem, der sich ganz an Gott hält, der ihn Herr sein lässt in seinem Leben und ihm dadurch mit ganzer Liebe dient. Alles andere wäre eine falsche Vorgehensweise und ein großes Missverständnis, in dem sich schon in Zeiten Jesu die Pharisäer befanden, die anderen predigten, sie sollten sich mit aller Kraft bemühen, die Gebote zu halten, dann würden sie sich die Gunst Gottes verschaffen können. Diese Art der selbstgerechten Frömmelei ist in unserem heutigen Wort sicher nicht gemeint. Ich finde die Übersetzung der Hoffnung für alle sehr klar und eingängig:

Geh deinen Weg mit mir und lebe so, wie es in meinen Augen recht ist.
1. Mose 17,1